DIIV – Frog In Boiling Water

DIIV
(c) Shervin Lainez

Beinahe hätte es dieses Album nicht gegeben. Die Arbeiten an einem Nachfolger von „Deceiver“ zogen sich in die Länge. Lange Jahre konnte man sich nicht im Studio treffen, zudem gab es viele verschiedene Ideen von abermaligen Live-in-Studio-Recordings zu einer Sample-reichen Platte mit Jesu-Einschlag. Bei den anschließenden Songwriting- und Aufnahme-Einheiten rieb man sich auf, erst ein klärendes Gespräch fast auf den Tag genau ein Jahr vor dem Release von „Frog In Boiling Water“ brachte Dream-Gaze-Hoffnung auf eine gemeinsame Zukunft. Und exakt die wird nun feierlich-elegisch begangen.

Diese Spannungen hört man dem Album kaum an. Und doch knistert es im verträumten Distortion-Universum des Quartetts. Im abschließenden „Fender On The Freeway“ tauchen DIIV so richtig ab. Spürbar nervöse Energie zieht sich durch jede einzelne Sekunde, so zurückgenommen das Geschehen vorerst auch anmutet. Die Verschärfung auf Raten, die laute Distortion, die Nachdenklichkeit inmitten feinsinniger Melodien – das kommt mindestens so gut wie die Aufbruchsstimmung des Titelsongs „Frog In Boiling Water“. Vergleichsweise direkter und kompakter angelegt, steckt auch hier ordentlich Gefühl in jeder Note, wenngleich der höhere Rock-Anteil mobilisiert.

Eine singende Gitarre trägt „In Amber“, dessen Schwerfälligkeit nebst reduzierten Melodieteppichen für aufregende Beklemmung sorgt. An allen Ecken und Enden kreischt und quietscht es, das beinahe statische Verharren im Status Quo öffnet sich erst am Schluss in bester Post-Rock-Manier. „Somber The Drums“ mag die weit offenen Klangflächen, die auf Raten aufbrechen und Harmoniebedürfnis mit zögerlicher Zurückhaltung verbinden. Es ist noch eitel, doch geht man aufeinander zu und suhlt sich schließlich im gemächlichen „Soul-net“, das kaum weicher und ausladender ausfallen könnte. Beinahe unbemerkt wird es laut, kratzig, ein stetes Auf und Ab des Seelenlebens.

Selten konnten DIIV das Unwirkliche ihrer Musik so ausloten und ausspielen wie hier. Was „Frog In Boiling Water“ – ein auf allen Ebenen überaus passender Titel – so stark macht, ist das Spannungsfeld mit seinen kleinen und großen Widersprüchen. Die Nähe der Musiker ist stets greifbar, ebenso wie ein nicht näher benannter Konflikt, der sich manifestiert. Melodische Vermittler, störende Distortion, omnipräsente Melancholie und zarte Hoffnung wechseln sich ab und suchen gemeinsam nach einem Weg in eine bessere Zukunft. Dass es eine solche gibt, ist mehr als erfreulich, denn das Quartett aus New York zeigt sich einmal mehr in blendender Form.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 24.05.2024
Erhältlich über: Fantasy Records / Concord Records (Universal Music)

Website: diiv.net
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