Friends With Boats – Bumper Sticker Poetry
Eine mehr als 20jährige Freundschaft über zwei Kontinente verbindet die fünf Musiker hinter Friends With Boats. Zwischen Hannover und Vancouver ist der Abstand offenkundig kleiner, als man meint. An Silvester 2021 aus einer Laune heraus gegründet, um einen Song aufzunehmen, entwickelte sich die Schnappsidee schnell zur ernstzunehmenden Band, die mit Herzblut zu Werke geht. Neun der zehn Songs auf ihrem ersten Album entstanden binnen einer Woche im Proberaum. „Bumper Sticker Poetry“ erscheint nun in Eigenregie und fängt einen kurzweiligen, 90s-angehauchten Sound zwischen Punk, Hardcore und Emo mit dicken Melodien und kräftigen Abrissbirnen ein.
Von der ersten Sekunde an rattert die Platte mit wachsender Begeisterung durch, angenehm roh und doch hooklastig. „1st Of January“ überschlägt sich im Vorbeigehen mal eben selbst, packt große Singalongs aus und verschiebt das Tempo wieder und wieder. Hier die Melodie, da die Hardcore-lastige Abrissbirne, dann wieder ein knackiges Riff – das macht Laune. Friends With Boats legen einfach los und sammeln den Schweiß des Proberaums ein, wie in „Projection“. Ein Husarenritt betont frontaler Natur langt zu, bevor eine der besten Hooks des gesamten Albums aus dem Nirgendwo auftaucht und sich urplötzlich wieder rar macht. Schon ist die nächste starke Idee da, leicht holprig inszeniert und gerade deswegen so sympathisch.
Diese spontane Energie bekommt dem Einstand unheimlich gut. Dampfhammer wie „El Mundo“, die in ihrer Atemlosigkeit alles niederreißen, ungeschliffen und doch so mitreißend klingen, passen prima neben Songs wie „Friends And Family“, die direkt ins Ohr gehen und doch eine gewisse Gefährlichkeit versprühen. Dem Chorus haftet etwas Derbes an, unbequem und doch gänzlich für sich einnehmend. Da möchte man mitbrüllen, bevor der Titelsong „Bumper Sticker Poetry“ mehrere Emo-Ideen durch den luftleeren Raum flattern lässt. Die Rhythmusabteilung hält das Ding zusammen und schafft den roten Faden. Auf einmal taucht das Leitmotiv auf, dann singt die Gitarre, bevor das Finale versöhnlich anmutet – was ’ne Entwicklung.
Bestechende Hauruck-Harmonie landet einen Volltreffer. Ja, „Bumper Sticker Poetry“ ist eigentlich viel zu kurz, frühstückt das Geschehen in unter einer halben Stunde ab. Und doch ist damit alles gesagt, weil das „All killer no filler“-Prinzip nahe an der Perfektion durchgedrückt wird. Dem ersten Album von Friends With Boats haftet eine angenehm spontane Energie an, gerne mal etwas ungeschliffen und ruppig, aber voller Herzblut, großer Hooks und noch besserer Dampfhämmer. Das kontinental verschobene Quintett landet einen grandiosen Einstand, dem man die Freundschaft und die besondere Energie im Studio anhört – ganz starkes Ding.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 04.10.2024
Erhältlich über: Eigenvertrieb