Eurovision Song Contest 2009: Vorschau (3)

(c) eurovision.tv

Zwischen Tradition, Pop und Kitsch – der jährliche Musikwettstreit des Eurovision Song Contest wird auch bei seiner 54. Ausgabe für Kontroversen sorgen. Nach Einführung der zwei Halbfinale 2008, um die Vergabe von Länder-Sympathiepunkten anteilig einzudämmen, gibt es auf organisatorischer Seite auch dieses Jahr Neuregelungen. Dabei geht man noch einen Schritt weiter und lässt die Telefonabstimmung des Publikums nur noch zur Hälfte in die Wertung einfließen. Nationale Jurys bestimmen die anderen 50% des jeweiligen Ergebnisses. Was jedoch weiterhin zählt, ist die Show und der jeweilige Song, den ein Land ins Rennen schickt. beatblogger hört voraus, was uns am 16. Mai in Moskau erwartet. Heute Teil 3 mit den großen Vier und Titelverteidiger Russland.

Fix im Finale ist natürlich Titelverteidiger Russland. Dima Bilan hat sich eine teure Violine und Eis auf die Bühne gepackt, um mit einer Produktion aus dem Timbaland-Umfeld abzuräumen. Auch fix im Finale sind die großen Vier – Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Spanien – die sich in den Jahren regelmäßig die hinteren Plätze „kaufen“.


Deutschland

(c) Universal MusicNach dem überaus schwachen Abschneiden der letzten Jahre gab es in Deutschland dieses Mal eine interne Auswahl, um den bestmöglichsten Kandidaten für einen europäischen Spitzenplatz ins Rennen zu schicken. Die Wahl fiel auf ESC-Kritiker Alex Christensen, der sich arschfrei mit dem US-Newcomer Oscar Loya unter dem etwas seltsam anmutenden Künstlernamen Alex Swings Oscar Sings! zusammen getan hat. Die gemeinsame Single „Miss Kiss Kiss Bang“ ist mit dadaistischem Titel perfekt für einen Spitzenplatz prädestiniert. Musikalisch gibt es Swing-Pop (Roger Cicero, anybody?) zu pumpenden Beats.

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Frankreich

Nach der großen Diskussion um Sébastien Tellier 2008 – der gute Mann hat doch tatsächlich auf Englisch gesungen – setzen die Franzosen dieses Jahr wieder auf deutlich klassischere Töne. Dafür hat man mit Patricia Kaas einen europaweiten Star ins Boot geholt. Die 42jährige Lothringerin hat ihre Mischung aus Jazz, Pop und Chanson auch schon in die deutschen Charts getragen. Ihr ESC-Beitrag „Et s’Il Fallait Le Faire“ (dt. „Und wenn es nötig war“) ist eine schwermütige Halb-Ballade, majestätisch und zwischen Jazz bzw. Ziehharmonika mystisch bis heimlig. Der Song ist auch auf dem aktuellen Album „Kabaret“ (Peak #32) zu finden.

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Großbritannien

Die Bevölkerung des Vereinigten Königreichs hat nach zuletzt schwachem Abschneiden einen Hilferuf abgeschickt. Geantwortet hat Andrew Lloyd Webber, der Großwesir des Musicals und steter Rivale von Maxwell Sheffield. In der X Factor ähnlichen Show „Eurovision: Your Country Needs You“ konnte sich die 21jährige Jade Ewen – überraschenderweise Musical-Sängerin – durchsetzen. Ihr Titel „My Time“ wird es trotz prominentem Hintergrund schwer haben. Ewen und Webber versuchen es mit einer klassischen Ballade, die ganz klar die musikalischen Präferenzen ihrer Beteiligten widerspiegelt. Die Komposition hat jedoch Hand und Fuß und auch gesanglich hat man ein kleines Feuerwerk zu erwarten.

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Russland

Die Sowjetunion lebt! Für Titelverteidiger Russland geht eine Ukrainerin ins Rennen. Dabei hätte Anastasiya Prykhodko beinahe den Vorausscheid ihres Heimatlandes per Gerichtsverfügung vorzeitig beendet. Nach der erfolgreichen Qualifikation fürs nationale Finale wurde ihr Song „Mamo“ (dt. „Mutter!“) disqualifiziert, weil er zu lang und vorab veröffentlicht war. Kurzum wurde der Wettbewerb gerichtlich angehalten. Einen Tag vor dem Finale nahm Prykhodko am russischen Finale teil und gewann, die Ukraine konnte eine eigene Teilnehmerin finden und stellen. „Mamo“, ein russisch-ukrainischer Hybrid, ist recht einfach gestrickt, tanzbar und leidenschaftlich mit landestypischem Einschlag. Sicherlich ein Mitfavorit für den 16. Mai.

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Spanien

(c) Vale MusicAls Zweitplatzierte der Casting-Show „Operación Triunfo“ (ein Hybrid aus DSDS, Star Search und Big Brother) hatte Soraya Arnelas eigentlich die besten Voraussetzungen für einen guten Karrierestart, konnte auch ein paar kleinere Hits landen. Interessanterweise ist ihr ESC-Beitrag „La Noche Es Para Mí“ in der Heimat aber gefloppt. Die Entscheidung war denkbar knapp, denn nach kompliziertem Online-Voting, Kampfabstimmung, mehreren Halbfinali und Finale hatten sie und Sängerin Melody gleich viele Punkte, doch die Televoter brachten den feurigen Dance-Pop-Track und seine blonde Protagonistin nach Russland. Auf dem dazugehörigen Album findet sich auch „Caminaré“, ein Duett mit der ESC-traumatisierten Kate Ryan.

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