Karin Park – Church Of Imagination

Karin Park
(c) Thomas Knights

Es gibt gefühlt nichts, woran sich Karin Park noch nicht versucht hat. Neben ihren Soloalben, mit denen sie den wunderbaren Begriff „Apocalypse Pop“ begründete, schrieb sie Hits für andere Musiker*innen, darunter Norwegens Eurovision-Top-5-Hit „I Feed You My Love“, nahm in diesem Jahr mit Lustmord ein beachtliches Experiment von einem Album auf und wirkt zudem bei Årabrot, dem nicht minder experimentellen Projekt ihres Gatten Kjetil Nernes, mit. Der jüngere Solo-Stoff behandelt das verstärkte Faible für 80s-Synthesizer und Tiefgang jenseits etablierter Pop-Schemen. Park nahm „Church Of Imagination“ in jener Kirche auf, wo sie als Kind erstmals vor Publikum sang. Nun gibt’s endich die physische Version als Einstand bei der neuen Heimat Pelagic Records.

In „Shape Of A Child“ sind zunächst sogar leicht entfremdete Kirchenglocken zu hören, dann steht die Stimme erst einmal alleine auf weiter Flur. Nur langsam kommt ein Hauch von Arrangierung – düstere, schneidene Synthis, beatesker Minimalismus und Stimmgewalt in aller Pluralität – hinzu, es bleibt jedoch über weite Strecken beim fragmentarischen Ansatz. Den kennt „Glass House“, wiewohl es auch hier eher kompakt und übersichtlich vor sich geht. Eine großartige Gesangsmelodie thront über feenhafter Bedrohlichkeit. Kate Bush winkt, die Stimmfarbe bleibt gleichmäßig. Fast schon soulige Smoothness trifft auf elektronische Apokalypse, eine Art Querverweis auf die musikalische Reise Parks.

Und die bleibt hochspannend. Auch „A Thousand Minds“ trägt ganz viel Chaostheorie und Schwermut in sich, löst feinste Soundeffekte aus dem Dickicht und verschreibt sich der zunehmenden Entfremdung. Die Stimmbänder tanzen über einem assoziativen Arrangement. Das klappt auch im eröffnenden „A Forest“ prima, wobei gerade das todtraurige Cello einen wichtigen Farbtupfer liefert. In dieser Zittrigkeit wirkt „Blue Roses“ fast schon selbstbewusst, nicht zuletzt aufgrund des recht lauten Beats; eine Seltenheit auf dieser Platte. „Magix“ knüpft noch am ehesten an die früheren Alben an mit seiner Hibbeligkeit und dem Anflug von poppiger Melodik, dennoch gekonnt entfremdet.

Gewöhnungsbedürftig und doch irgendwie catchy, dieses Mantra scheint Karin Park immer mehr zu perfektionieren. Natürlich könnte sie präzise kleine Popsongs schreiben, das zeigt die Vergangenheit, doch braucht die Norwegerin scheinbar die Herausforderung, das Lehnen über den Fensterrand, das konsequente Suchen entsprechender Extreme. „Church Of Imagination“ spielt nach wie vor mit Pop-Ideen, aber auch mit Industrial, mit TripHop, mit Indietronica. Gewissermaßen ist es die logische Fortsetzung von „Apocalypse Pop“ und die entsprechende Reaktion auf die letzten Kollaborationen. Karin Park bleibt ein Ausnahmetalent und denkt längst schon wieder gefühlt drei Schritte voraus.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 10.12.2021
Erhältlich über: Pelagic Records (Cargo Records)

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