Exitmusic – Passage

Exitmusic

Manchmal scheint die Zeit stehen zu bleiben, während man Exitmusic lauscht. Mit Betreten ihrer Welt geschieht eine Loslösung. Im Instinkt folgt man den behutsamen Melodien, welche gleichermaßen verdammt viel Antrieb entwickeln. Die Faszination auf dem Debütalbum „Passage“ des New Yorker Duos ist dieser Kontrast zwischen schwelgerischer Tiefe und frohlockender Abstraktion, die beide so gefühlvoll dem Elektrosound mit reichlich Gitarreneinschlag seine Färbung verleihen, wie sie sich rhythmisch reiben und ihr Geschehen den Zwischentönen überlassen. Inspiration ist nicht alles – haben sich Exitmusic wohl so gedacht.

Das Paar dahinter, bestehend aus Pianistin/Sängerin Aleksa Palladino, früher auch schon auf Leinwänden zu sehen, und Ehemann/Gitarrist Devon Church, existiert als Duo schon seit 2003. Inzwischen ergänzt um einen Drummer sowie einen Elektrotüftler, ließen sie sich jedoch fünf Jahre Zeit, um sich erstmals mit ein paar Songs bemerkbar zu machen. Man beschwor düstere Emotionen, deren Ästhetik und Schönheit nicht unbemerkt blieben. Nun landet „Passage“. Ein Gesamtwerk, das mit seinen teils progressiven Songs sehr gewichtig daherkommt. Deren Einflüsse finden sich in verschiedenen Szenen, wie den Avantgarde- und Trip-Hop Trademarks von Portishead, dem ambient bis schwelgerischen Postrock Sigur Rós’ und dessen so zeitlosen Gesang sowie dem rockenden Eigenwillen Radioheads. Ihre Neuverschichtung mag die Grundlage umschreiben, die weitere Spannung steckt in jedem der zehn Songs an sich.

Angefangen mit dem Titelsong taucht „Passage“ ein in eine Welt, die das Licht der Dämmerung ihr Eigen nennt. So kurz der Moment in natura ist, so schöpferisch findet er Vertonung. Verheißungsvoll lässt Palladino ihre tiefe, klare Stimme erschallen, die sich über den kontinuierlich anschwellenden Soundwall legt, bis zum Beben. Einbruch der Nacht – Break. Bis sachte vorbereitet ein neuerlicher Zerriss so schmerzlich durchs Mark dringt, wie ein greller Feuerschein blendet. Dessen Asche zerfällt im Morgengrauen des ruhigen Ausklangs.

Dem operesken Einstieg folgt ein vereinnahmender Hauptteil. Entspanntere Synthie-Kompositionen wie „The Night“ scheinen so zurückgenommen, dabei bereiten sie die neuerliche Dramatik („The City“) vor, geleiten von gedämpfter Melancholie („White Noise“) hin zum majestätischen Glanz („Storms“), um schließlich durch kühlen Nachhauch („The Wanting“) in die Schönheit subtiler Tiefen einzutauchen. Leider lassen sie sich nur kurz auskosten, ehe plakativere Klänge („Stars“) mit neuem Leben konfrontieren. Dort angekommen, findet sich gar manch populäre Färbung wieder, wie im malerischen „The Modern Age“, das zum Finale ordentlich Fahrt hineinbringt.

Ein Hallen erfasst die große Welt, wie Palladino ihr Organ „The Cold“ abermals durchdringen lässt. Die Dämmerung eines neuen Tages hält bereits Einzug, vom nachdrücklichen „Sparks Of Light“ großartig ins Licht gesetzt, wie verschiedene Flächen ineinander greifen und ihr schwerer Sound fast walzenartig voranschreitet. Man blickt zurück, während sich die letzten Gesangszeilen festzusetzen versuchen. Ihr Abklingen lässt ein paar Funken da. Sie wird man nutzen können, sobald es wieder dämmert. Denn mit „Passage“ ist Exitmusic nicht nur ein nachhaltiges Gesamtwerk gelungen, das wunderbar durch sämtliche Emotionen streift, unterhält, fasziniert und nach Wiederholung dürstet. Es hält vor allem seine Balance von dunklen und lichten Momenten, deren dosierte Instrumentierung ihre Wirkung nicht verfehlt. Gerne mehr davon.

VÖ: 25. Mai 2012
Secretly Canadian (Cargo Records)

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