Muff Potter – Gute Aussicht

(c) Sarah Bernhard, Antje Schröder

Der Majorlabel-Ausflug ist vorbei, Muff Potter veröffentlichen wieder auf ihrem eigenen Label Huck’s Plattenkiste. Viel ist von der geplanten Auszeit 2008 sowieso nicht geblieben, denn nach Bandgeburtstag und Ärzte-Tour wurde bereits im Herbst die neue Platte „Gute Aussicht“ geschrieben und komplett live eingespielt. Entsprechend roher und rauer klingt das Material auch im Vergleich zum poppig angehauchten, in punkto Songwriting dennoch erstklassigen „Steady Fremdkörper“.

Hoch- und Popkultur treffen sich im Opener „Ich und so“, wenn Nagel seinen Hintergrund und auch seine Einflüsse erklärt. Dazu zählen auch die britischen Comedy-Legenden Monty Python, wie man bereits am Artwork sehen kann. Musikalisch scheint dieser Aufgalopp jedoch eher die Kollegen Turbostaat in all ihrer Wut und Energie zu zitieren. Derlei Anleihen sind aber keine Ausnahme. „Alles war schön und nichts tat weh“ grüßt Die Ärzte, wenngleich der Vortrag deutlich roher und vehementer wirkt.

Die erste Single „Blitzkredit Bop“ zollt den Ramones nicht nur im Titel Tribut, auch ein kleines „hey ho, let’s go!“ kommt den Muffs von den Lippen. Allerdings ist gerade dieser Song nur bedingt repräsentativ für die neue Platte, punktet gerade einmal mit einigen kleinen Wortspielen. Begeisterung kommt auf bei „Niemand will den Hund begraben“ – hätte als Hymne auch auf „Steady Fremdkörper“ stattfinden können – oder natürlich dem großartigen „Die Party ist vorbei“ mit Live-Publikum.

Ohne Punk-Poet Nagel würde jedoch etwas fehlen. Seine popkulturellen Einflüsse treffen auf Großtaten aus Welt- und Trivialliteratur, natürlich inklusive der obligatorischen Maden. Daneben steht „Mein Freund, das Wrack“ mit Schifferklavier und Lo-Fi-Attitüde, gleich neben besagten wilden Maden im hymnischen „Eiskunstlauf ohne Ton“.

„Gute Aussicht“ ist viel, vor allem wieder lauter und dreckiger, dabei aber voll von besonderen Momenten, fesselnder Lyrik und einer schwer zu beschreibenden Energie, die wohl mit der Live-Atmosphäre zu tun hat. Muff Potter gehen auf ihrem neuen Album zwei Schritte zurück, um derer drei nach vorne zu gelangen. Klingt schwer – erneut – nach der richtigen Platte zur richtigen Zeit.

VÖ: 17.04.2009
Huck’s Plattenkiste (Rough Trade Distribution)
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