ZAHN – Adria

ZAHN
(c) Lupus Lindemann

Zweites Album, schwerstes Album? ZAHN können darüber nur herzlich lachen und klatschen einfach einen XXL-Brocken hin. Das Trio um Mitglieder so illustrer Formationen wie Heads. und Muff Potter widmet sich nach wie vor rein instrumentalen Klängen, vornehmlich im Noise Rock verhaftet, von krautigen und jazzigen Tönen, etwas Post Punk und Elektronik gekonnt unterstützt. Ihr neuestes Werk umfasst gleich mal 80 Minuten, auf zwei Tonträger aufgeteilt, so eigentümlich wie zugänglich. „Adria“ soll die banalen Aspekte eines Urlaubs aufs Parkett holen, wie endlose Autobahnen, leicht schmuddelige Raststätten und heruntergekommene Campingplätze. Die Schönheit liegt freilich im Detail.

Und das ergibt sich oft erst beim zweiten oder dritten Durchlauf, denn ob der schieren Menge an Musik gehen die Feinheiten gerne mal unter. Wobei, ob „Faser“ mit seinen elfeinhalb Minuten wirklich als Feinheit durchgeht, sei dahingestellt. Dass sich die Spannung selbst über diese lange Dauer halten lässt, spricht für ZAHN. Über den vorsichtigen, krautig-elektronischen Aufbau geht es wiederholt gegen laute, noisige Wände, die zu den mächtigsten Passagen des gesamten Albums zählen. Als krasses Gegenteil zur beinahe federnden Synthetik rundherum entsteht ein mehr als faszinierendes Kontrastprogramm großer, hypnotisierender Momente.

Tatsächlich fällt es gar nicht so einfach, Highlights aus dieser Unmenge herauszupicken. Wie wäre es beispielsweise mit „Idylle“, das als Finale mit Konventionen bricht und Reduktion zwischen Dark Jazz und Elektronik sucht? Darf es „Apricot“ sein, erstaunlich tanzbar mit feinsten Drum’n’Bass-Einflüssen, die immer wieder Platz für Post-Rock-artige Noise-Gebilde macht? Sympathisch ist ebenso „Yuccatan 3E“, das finstere bis manische Stimmungsbilder entfaltet und Aufbrausen gegen Reduktion stellt. Oder aber „Zehn“, dieses getriebene, energische Stück Musik, in manchen Momenten nahezu punkig mit Post-Präfix, nervös und hibbelig, durchtrieben und überfallsartig explodierend.

Natürlich ist das verdammt viel Musik geworden, am steten Rande der kompletten Überforderung balancierend. Und doch liegt gerade in dieser martialischen Übermacht ein gewisser Reiz, zumal sich ZAHN hier so richtig austoben können. Keine Frage, „Adria“ hätte – rein theoretisch – einen Tacken kompakter ausfallen können und braucht somit den einen oder anderen Durchlauf extra. Dann schlägt das Ding aber so richtig ein, mit all seinen feinen Details und frischen Ideen. ZAHN wagen sich weiter hinaus, demonstrieren mehr Kreativität und profitieren ungemein von ihrem – mehr denn je – unvorhersehbaren Sound. Und hinter dem Autogrill verschwindet die Sonne am Horizont.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 24.11.2023
Erhältlich über: Crazysane Records (Broken Silence)

Facebook: www.facebook.com/zahn.band