Fußball-WM 2010: Zum Song der Guten Hoffnung
Wenn am 11. Juni das Eröffnungsspiel der Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika ausgetragen wird, mache man sich auf eine akustische Hochsaison gefasst. Die kleine Trompete aus Kunststoff, Vuvuzela genannt, wird tausendfach durch Johannesburg schallen. Auch die Musikindustrie präsentiert ein paar Stimmungsmacher. Beatblogger hat hineingehört und stellt vor, was sich zwischen Pop und Plastik wirklich lohnt.
„Am Kap der Guten Hoffnung probieren wir’s nochmal“ – ohne ein großer Prophet zu sein, was die Sportfreunde Stiller bereits vor vier Jahren angestimmt haben, dessen Zeit ist jetzt mit „54, 74, 90, 2010“ gekommen. Die Hoffnung liegt auf der deutschen Mannschaft und ihren Turnierqualitäten. Auch deswegen, weil wohl niemand eine weitere Silbe verträgt, sobald die nächste WM 2014 steigt.
Sportfreunde Stiller – „54, 74, 90, 2010 (Unplugged)“
Der offizielle Titelsong für die erste Veranstaltung dieser Art auf dem afrikanischen Kontinent heißt „Waka Waka (This Time for Africa)“. Gesungen von Grammy-Preisträgerin und der Göttin des Hüftschwungs Shakira, hat man mit ihr nicht nur eine internationale Stimme gewinnen können, sondern zudem eine WM erprobte. 2006 trällerte sie vor dem Berliner Finale „Hips Don’t Lie“. Zusammen mit der Band Freshlyground aus Kapstadt präsentiert man einen rhythmisch inspirierenden Tanz zum Soca-Beat und Keys. Dessen quirliger Refrain basiert angeblich auf einem bekannten Marschgesang aus Kamerun, den die Gruppe Golden Voices populär machte. Die Einnahmen des Songs kommen im Übrigen einer FIFA-Kampagne zugunsten von neuen Fußballzentren in Afrika zugute.
Shakira feat. Freshlyground – „Waka Waka (This Time For Africa)“
Was dem Fußball-Weltverband sein WM-Song, ist dem Hersteller eines bekannten koffeinhaltigen Getränkes seine Kampagne mit zugehörigem Titel. K’naans leidenschaftliches „Wavin’ Flag“ (Review) erfasst wunderbar die Vorfreude auf das Treffen der Fußballnationen. Zugleich liefert das Duo aus Sänger und Bongospieler mit Band-Unterstützung einen potentiellen Sommerhit ab. Als farbenfrohes Spektakel aus afrikanisch angehauchtem HipHop sowie stadiontauglichem Chorgesang sprüht „Wavin’ Flag“ vor Charme.
„Oh Africa“ des senegalesisch stämmigen US-Sängers Akon ist ähnlich im R’n’B verwurzelt, jedoch deutlich populärer getrimmt. Zusammen mit der als Featuring-Sängerin bekannten Keri Hilson präsentiert er ein hellauf lebendiges Duett. Shouts und traditionelle Afro-Chöre gehören für diese musikalische Weltmeisterschaft ohnehin zum Standard, das weitere Arrangement ist pure Unterhaltung. Während manch anderer Titel womöglich schnell overplayed sein wird, scheint man hier weitergehende Ambitionen zu haben.
Akon feat. Keri Hilson – „Oh Africa“
Ähnliches gilt für die 90er-Dancefloor-Ikone Dr. Alban. Als dieser vor zwanzig Jahren debütierte, war sein größter Hit – „It’s My Life“ einmal ausgenommen – direkt die allererste Single „Hello Afrika“. Was liegt heuer näher als eine Neuauflage. So zu hören in „Hello Afrika 2010“. Nicht viel ist von dem leicht hölzernen Old-School-Tune geblieben. Dafür wurde die Keyboard-Melodie ordentlich nach vorne geholt und mit modernen Rhythmen aufgepeppt. Auch die Raps wurden entschlankt. Wer das Original nicht mehr kennt, wird hierzu tanzen. Nostalgie bleibt dennoch etwas Feines.
Dr. Alban – „Hello Afrika 2010“
Vor allem in Hinblick der Klassiker, wie „Seven Nation Army“ der White Stripes oder alternativ in der Techno-Version „The Concert“ vom italienischen DJ-Duo M@D. Mittlerweile ist dieses Riff ein fester Bestandteil im Repertoire europäischer Stadien. Vielleicht schwappt davon ja etwas gen Afrika.
The White Stripes – „Seven Nation Army“ / „M@D – „The Concert“
Dazu gibt es viel für den heimischen Markt produziertes Liedgut. Mit dabei die Südtiroler Deutschrocker Frei.Wild. Ihr Mitgröler „Dieses Jahr hol’n wir den Pokal“ haut in eine ähnliche Kerbe wie Gerbenoks geradliniger Bolzplatz-Brenner „2010“.
Wem’s nicht zusagt, dem bieten die Altrocker von Bonfire ihre Interpretation der „Deutschen Nationalhymne“ an. Oder man bedient sich der Schlager-Nische um Mickie Krause („Supa Deutschland 2010“), Nervensäge Matze Knop („Pokal Again“) oder Tim Toupets „So ein schöner Tag (Fliegerlied)“, gegen das man bei hoffentlich zahlreichen Siegesfeiern wohl leider keine Chance haben wird. Achja, womit schlussendlich die Pochersche Promillegrenze erreicht ist, denn dessen „2010 – Wir gehen nur zurück um Anlauf zu nehm’“ reiht sich hier auch noch ein.
Oliver Pocher – „2010 – Wir gehen nur zurück um Anlauf zu nehm’“
Welche musikalische Vorliebe man auch haben mag, an einigen Songs der Guten Hoffnung wird das Vorbeikommen schwer. Der Sommer steht definitiv unter der Inspiration Südafrikas. Ob tanzend, rockend oder fliegend. Nur die Vuvuzelas sind uns allen gewiss.