ASP – Wechselbalg

ASP

Er durchflog einst die seelische Schwere, tanzte mit der Finsternis und kehrte doch immer wieder heim – denn es gab kein Entkommen. Der Flügelschlag des schwarzen Schmetterlings trug ASP bis ins helle Bühnenlicht. Ein Zyklus von fünf Alben war ihm beschert. Ihr viel(ge)schichtiges Liedgut prägte die Frankfurter Band nachhaltig in der Szene. Durchaus elektronisch, meist rockend oder vornehmlich akustisch. Wie in der anschließenden Interpretation der Krabat-Sage. So zurückhaltend wie überraschend, so eigen, so emotional und fantastisch. Doch: von vielen Gesichtern blieb nach diesem Frühjahr nur noch eins – der Split beider Gründungsmitglieder ließ Alexander Spreng zurück. Es folgte seine Verkündung einer dritten Gothic Novel, dem „Fremder-Zyklus“. Sehnlich erwartet, steht an ihrem Anbeginn eine Geburt. Jener des „Wechselbalg“.

Nach zwölf Jahren gemeinsamer Leidenschaft für sich und ihre Anhänger trennten sich bekanntlich die Wege von Gitarrist/Produzent Matthias Ambré und Sänger Asp. Nichtsdestotrotz folgte letzterer offenbar weiter seinen Visionen. Ihre Gestalt mag noch verschwommen sein, orientiert sich für das neue Album „Fremd“ aber offenbar wieder dorthin, wo satte Stromgitarren manch elektronische Spielerei kitzeln. Das „Wechselbalg“ folgt diesem Trieb. Irgendwo in der Kluft zwischen den Welten gefangen, sucht es als seelenloses Wesen nach seiner Erfüllung. Asps markante Stimme dominiert gleichermaßen wie seine Songs ihre feinsinnige Faszination ausmachen. Eine gelungene Bridge, der zündende Refrain (ohne das vehement hartnäckige „Ich will brennen“-Syndrom), teils mit gesanglicher Dopplung und insgesamt knapp sechs Minuten Spielzeit machen diesen Song zu einem großartigen Auftakt des neuen Zyklus.

Neben dieser melodiösen Hymne hält mit dem weiteren Stück „Angstkathedrale“ eine unerwartet finstere Urgewalt Einzug. Schwermütig steht man vor einem schier übergroßen Gitarrenwall. Erzitternd, erbebend, vernichtend. Erbaut aus einem höchst depressiven Sound, dringt jener vor allem emotional in ungeahnte Tiefen vor. Erst spät lockert sich der Griff, während Asp weiterhin seinen Gesang auf gewohnt bestimmte, doch Halt gebende Art und Weise intoniert.

Abgerundet wird die Maxi mit der bereits bekannten Hommage an Frank Wulff, Mitgründer der Alt-Folkrocker Ougenweide, und deren „Bald anders“, sowie einer 1995er Ur-Unplugged Version des später auf dem Debütalbum veröffentlichten Klassikers „Dancing“. Zu einem solchen könnte sich auch Wechselbalg entwickeln. ASPs Treue zu sich selbst ist gleichzeitig der Anspruch, lyrisch seinen und anderen Fantasien ihr musikalisches Gesicht zu geben, den experimentierfreudigen Durst zu stillen und anspruchsvolle Rockmusik deutschsprachiger Natur zu machen. Wer sich darauf einlässt, braucht keine Angst zu haben. Es gibt dann nur kein Entkommen mehr.

4,5/5 | Single CD | bereits erschienen
Trisol Music Group (Soulfood)

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„Fremd“ erscheint voraussichtlich am 21.10.

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