Kelly Clarkson – Stronger

Kelly Clarkson

Gewinner internationaler Castingshows halten sich in der Regel länger als ihre deutschen Kollegen – und doch gibt es in den letzten Jahren selbst in UK und den USA Abnutzungserscheinungen, was den Erfolg hochstilisierter Superstars angeht. Glücklich kann sich dagegen die Siegerin der ersten „American Idol“-Staffel Kelly Clarkson schätzen: Die 29-Jährige konnte seit 2003 bisher über 30 Millionen Tonträger verkaufen, und nach einer kurzen Verschnaufpause veröffentlicht sie nun ihr bereits fünftes Studioalbum namens „Stronger“. Dass der Name hier Programm ist, dürfte nicht schwer zu erraten sein. Mit viel Gefühl beweist die Texanerin stimmliche Power und Eleganz in Einem, und liefert das berühmte Rundum-Sorglos-Paket ab.

Dieses besteht aus sanften Pop-Balladen, rockig-schnellen Songs und sogar einer Prise Dance, wie beispielsweise im explosiven Grower „What Doesn’t Kill You (Stronger)“. Laut Clarkson ist der Titel an das berühmte Zitat „Was mich nicht umbringt, macht mich stärker“ des deutschen Philosophen Friedrich Nietzsche angelehnt, was aufgrund der selbstbewussten Lyrics auch gut nachvollziehbar ist. Hier und da lassen sich musikalisch gagaeske Züge jedoch nicht von der Hand weisen. Stellenweise schwer rockig und kreativ kommt das radiotaugliche „Einstein“ daher, das die Folgen einer Trennung auf interessante Weise mit simplen Gleichungen thematisiert, die an den genialen Physiker erinnern sollen („I may not be Einstein, but I know dumb + dumb = you“). Wer sich jetzt fragt, ob die stimmgewaltige Sängerin auch sonst mit der intellektuellen Keule um sich schlägt, darf beruhigt weiterlesen: Natürlich bekommt der geneigte Hörer unter anderem mit „Let Me Down“ oder „Honestly“ gewohnt qualitativ hochwertige Midtempo-Balladen serviert, die besonders von Kellys voluminöser Röhre profitieren, strukturell dagegen eher als durchschnittlich anzusehen sind.

Es sind die ohrwurmverdächtigen Feel-Good-Tracks wie die erste Single-Auskopplung „Mr. Know It All“, die mit ihren harmonischen Melodien für unbeschwerten Hörgenuss stehen. Durch die zaghaften RnB-Elemente im Refrain werden Parallelen zu aktuellen Superstars wie etwa Bruno Mars deutlich. Ihre „Dark Side“ zeigt sie im gleichnamigen Song, der allerdings mehr verträumt denn dunkel und geheimnisvoll wirkt, das Gefühl des Sich-Fallen-Lassens aber passabel transportiert. Deutlich dynamischer kommt da schon das gospelartige „You Love Me“ daher, das mit seinem eingängigen und schnörkellosen Beat punkten kann und sich aufgrund seiner eigenwilligen Systematik und der minimalistischen Struktur vom Rest des Albums abhebt. Fans von Retrospektiven kommen beim energiegeladenen „You Can’t Win“ auf ihre Kosten, das sich an Hits wie „Since U Been Gone“ oder „My Life Would Suck Without You“ orientiert und einmal mehr unterstreicht, dass Kellys Stimme sowohl zu leisen Tönen als auch zu rockigen Sounds bestens passt.

Wer sich die Deluxe Edition für ein paar Euronen mehr zulegt, den erwarten zudem noch vier weitere Songs, darunter das emotionale Duett „Don’t You Wanna Stay“ zusammen mit Countrysänger Jason Aldean oder das punkig angehauchte „Don’t Be A Girl About It“, das an frühere Hits von Avril Lavigne erinnert. Auf „Stronger“ präsentiert sich Kelly Clarkson größtenteils so stark wie eh und je und legt bei einigen Titeln sogar noch ein Schippchen drauf, während ihr bei anderen ein wenig die Puste auszugehen scheint. Doch will man ihr es bei 13 (Standard-Version) bzw. 17 (Deluxe Edition) Songs kaum verübeln, dass nicht jeder Schuss ein Treffer ist. Viel wichtiger ist das stimmige Gesamtpaket, welches auch hier wieder eindeutig vorzufinden ist und der US-Amerikanerin einen weiteren Platz in den Hitlisten der Welt sichern dürfte.

VÖ: 28.10.2011
RCA Records (Sony Music)

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