Astronautalis – This Is Our Science
Als Kritikerliebling und legitimer Nachfolger von Beck hat sich Charles Andrew Bothwell unter seinem Künstlernamen Astronautalis bereits weit über die Grenzen seiner Heimatstadt Minneapolis, Minnesota einen Namen gemacht. Irgendwo zwischen HipHop, Folk und Singer/Songwriter sprengt er Genre-Grenzen zwischen scharfzüngigen Rhymes, authentischem Storytelling und dezentem Pop-Appeal. Was im März 2009 auf „Pomegranate“ bereits hervorragend funktioniert hat, wird nun auf seinem vierten Album „This Is Our Science“ vertieft, das es mit vier Monaten Verspätung endlich über den Atlantik geschafft hat.
Anhand der beiden Vorabsingles zeigt sich bereits die beeindruckende Reichweite Astronautalis‘. „Dimitri Mendeleev“ entpuppt sich als Rap-Track mit hektischen Rap-Tracks, Piano-Einlagen und beiläufig schrubbendem Basslauf. Trumpf ist aber die eigenwillige Stimme des US-Amerikaners, die sich irgendwo zwischen Professor Green, Eminem und eben Beck platziert, also unorthodox, fernab jeglicher Genre-Schubladen und doch auf bizarre Art und Weise eingängig. „Contrails“ hingegen hat durchaus Crossover-Potential, wenn sich zu den entspannten Raps der Gesang von Tegan Quinn (eine Hälfte von Tegan & Sara) gesellt. Gerade im Refrain harmonieren die beiden besonders gut miteinander, sorgen für einen potentiellen Indie-Hit.
Beck mag ein ansprechender Vergleich, doch im Endeffekt knüpft Astronautalis dort an, wo Everlast vor geraumer Zeit vom Rader verschwunden ist. Bereits der Opener „The River, The Woods“ mit seinen fordernden Raps und der leicht düsteren Note in den Backings geht unter die Haut, nur um wenig später von „Thomas Jefferson“ auf die Straße gefeuert zu werden. Gerade die aufheulende Gitarre und die Vocals von Sims und Mike Wiebe verleihen dem Track die nötige Würze. In „Secrets On Our Lips“ singt der US-Amerikaner sogar zeitweise in einer Art Folk-Rap-Halb-Ballade, in punkto Eingängigkeit nur von „Measure The Globe“ in die Tasche gesteckt – ein weiterer Song, der förmlich nach Airplay schreit.
Im finalen „Lift The Curse“ gibt der 30jährige schließlich den idealistisch-kaputten Singer/Songwriter mit einem Hauch Conor Oberst. Zu Drum-Computer, rockigem Arrangement und Bar-Atmosphäre mimt Astronautalis eine gescheiterte Existenz, einen post-modernen Folk-Veteranen mit dezentem Hang zur Selbstzerstörung. Tatsächlich ist „This Is Our Science“ eine wahre Wissenschaft für sich, wenn man sich um so etwas wie Destillierung der einzelnen Komponenten bemüht. Als Erbe von Beck und Everlast liefert Astronautalis ein Album, das die Grenzen von HipHop und Folk auf eine Weise sprengt, die sich selbst Bubba Sparxxx nie hätte erträumen lassen. Warum der US-Amerikaner nicht schon längst Charts-Dauergast ist, scheint ein Rätsel zu sein.
VÖ: 06.01.2012
Fake Four Inc. (Cargo Records)
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