Jitwam – Third

Jitwam
(c) Elle Shimada

Jitwam ist ein Reisender, ein Getriebener. In Indien geboren und im Kindesalter mit seinen Eltern nach Australien ausgewandert, suchte er nach seiner Identität, die er auf Reisen fand. So lebte er im vergangenen Jahrzehnt in fünf Ländern und auf vier Kontinenten. Seine Zeit in London und New York half ihm, seine Wurzeln zu erkunden, und sich zugleich musikalisch auszutoben. Auf seinen beiden bisherigen Soloalben kollidierten Elektronik und Rock, HipHop und Soul, Funk und Downbeat. „Third“ will nun verstärkt das in den Vordergrund rücken, was Jitwam eigentlich zu Jitwam macht.

Cineastische Lässigkeit schimmert in diesen 39 Minuten durch. Wie das eröffnende „India“ relaxt und doch sicher tänzelt, frühlingshaft und funky, birgt großen Unterhaltungswelt. Alles hat seinen Platz in dieser Welt, wenn man ein wenig Platz lässt – Jitwams Mantra verfestigt sich in diesen ersten Minuten und versprüht gute, zugleich spannungsgeladene Vibes. Hingegen sucht „Equanimity“ mit der exzellenten Melanie Charles, mitten in der Trump’schen Präsidentschaft geschrieben, nach Antworten auf Fragen zu Ethik und Kapitalismus. Aus dem Innersten tauchen TripHop-artige Stimmungen auf.

Die zweite Hälfte dieses Albums befasst sich vornehmlich mit Obdachlosigkeit und dem Gefühl der Heimatlosigkeit, mit der eigenen seelischen Gesundheit. „Stranger Danger (In The Streets Of Life)“ trägt dies bereits im Titel und dreht am Rad. Der entfesselte Dance-Track erinnert stark an die Anfänge von !!!, komplett abgedreht und doch animierend – eine wilde, schräge, kurzweilige Angelegenheit. Danach folgt vollkommene Entschlackung in Form von „Hey Papi“, zwischen Soul und RnB intoniert, begleitet von HipHop-Beats. Wer sich hingegen nach dem tanzenden Jitwam sehnt, holt sich den Latin-Einschlag von „The Get Down“ ins Leben und schüttelt sich kräftig.

Eklektisch, bewegend, richtig gut: Das dritte Jitwam-Album erreicht neue Sphären, ohne den Kern der bisherigen Platten zu verleugnen. „Third“ bemüht sich um legeres Wachstum in jeder Hinsicht. Die Beats wirken etwas präziser, die Arrangements größer, die Grundstimmung entspannt und dennoch fokussiert. Es ist angenehm einfach, sich in Jitwams Welt zu begeben. Man kauft ihm jede Zeile ab, zeigt sich ob der musikalischen Sprünge fasziniert, nickt wissend mit. Sein drittes Album wirkt wie aus einem Guss und wiegt selbst in beklemmenden Momenten in Sicherheit – ein tanzbarer, beseelter, vielschichtiger Sympathieträger von einem kommenden Großen.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 22.07.2022
Erhältlich über: Roya (Rough Trade)

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