Gazpacho – March Of Ghosts
In unverändert hoher Frequenz veröffentlichen Gazpacho neue Musik und sind damit längst zu Hoffnungsträgern der neuen Art- bzw. Post Rock-Generation geworden. Dennoch konnten die Norweger trotz starker Platten ihren Geheimtippstatus nicht ablegen. Nach drei Konzeptalben in Folge („Night“, „Tick Tock“ und „Missa Atropos“) widmet man sich auf „March Of Ghosts“ nun einer Serie an Kurzgeschichten über Geister (lebendig wie tot), die in einer langen Nacht an der Erzählerfigur vorbeischreiten und ihm (und damit auch den Hörern) einen Einblick in ihr Leben gewähren.
Nicht nur inhaltlich, auch musikalisch lassen Gazpacho neue Ideen einfließen. Von verhältnismäßig klassischen Prog Rock-Klängen Marke Marillion verabschiedet man sich nun endgültig und wendet sich Neo-Klängen zu; beispielsweise Radiohead und Riverside im empathischen „Gold Star“ mit seiner verzaubernden, verklausulierten Melodie, die ein wenig an Kammermusik erinnert. „Mary Celeste“ hingegen orientiert sich an den ruhigeren Songs von Muse, wobei Jan-Henrik Ohmes stellenweise sogar an Morten Harket erinnernder Gesang den druckvollen Drums mit zarter Einfühlsamkeit entgegnet. Das folkige Outro hingegen überrascht und leitet zur nächsten Geisterfigur über, was ein wenig an einen Mittelalter-Markt erinnert.
Natürlich muss man einmal mehr die große Liebe zum Detail loben, mit der die Norweger „March Of Ghosts“ ausgestattet haben. Die Songs gehen nahtlos ineinander über, werden perfekt miteinander verknüpft und wirken unheimlich lebhaft, bewegend. Selbst die fragile Ballade „What Did I Do?“, die wohl deutlichste Radiohead-Verneigung auf diesem Album, knistert vor Spannung. Zusamemngehalten wird die Platte von der „Hell Freezes Over“-Tetralogie, in der Gazpacho aus sich herausgehen, deutlich härtere Töne anschlagen und sich in die Untiefen moderner Prog-Klänge zwischen Anathema und Frost* stürzen, gesäumt von druckvollen Drums und episch anmutenden Keyboards.
Selbst ohne Lyrics oder Begleittext erkennt man so etwas wie einen roten erzählerischen Faden, der „March Of Ghosts“ zusammenhält und ausschmückt. Das Album wirkt in sich stimmig, sauber produziert und lebt vom Aufeinandertreffen einer souverän agierenden, betont entspannt aufspielenden Band und eines ausgezeichneten Sängers, der selten wirklich laut wird, sondern gekonnt mit Understatement arbeitet. Gazpacho lieben ruhige Töne und gute Geschichten, erobern den Hörer Schritt für Schritt mit Bedacht und filigranem Auftreten. Falsch machen die Norweger nichts, verlangen einmal mehr nach einem deutlich größeren Publikum und hätten es verdient, gehört zu werden.
VÖ: 16.03.2012
Kscope (Edel Music Distribution)
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