First Aid Kit – Stay Gold
Meist sind es die kleinen Dinge, deren ergebener Zauber sie zu einer nachhaltigen Größe macht. „Emmylou“ vom schwedischen Duo First Aid Kit war vor zwei Jahren einer dieser Songs, den nicht nur das Rolling Stone Magazin als Top Ten-Single einstufte, sondern der auch sinnbildlich für den musikalischen Durchbruch der Folk-Schwestern auf „The Lion’s Roar“ stand. Ihre leidenschaftlichen Stimmen brachten wunderschöne Harmonien hervor, deren klarer Ausdruck perfekt zum leichtgängigen Indie-Country passte. Für „Stay Gold“ fasst man nun den Schritt in die erste Liga ins Auge.
Es ist konsequent. Das ambitionierte Streben, sich in ihrer Musik weiter zu entwickeln, verfolgten Klara und Johanna Söderberg bereits im Teenageralter, als sie eigene Songs schrieben, drei Jahre bevor 2010 ihr immerhin bereits in ihrer Heimat beachtetes Debütalbum erschien. Eine extensive Tour durch Amerika, Kanada und Teile Europas mit rund hundert Shows folgte. Die Tür zu Columbia Records öffnete schließlich das hochgelobte „The Lion’s Roar“. Produzent damals wie heute für das dritte Werk ist Mike Mogis, auch als Multi-Instrumentalist von Bright Eyes bekannt.
Dominierten bisher vor allem folkige Arrangements aus Gitarren- und Perkussions-Spiel, das teils vielseitig um Streicher oder Orgelklänge ergänzt wurde, um mit dem oftmals zweistimmig vorgetragenen Gesang eine perfekte Harmonie zu bilden, verfolgte man dies natürlich auch für „Stay Gold“. Doch dort, wo bisher hauptsächlich die handwerkliche Note durchklang, fließen nun deutlich leichtfüßigere, gar opulentere Spuren mit ein. Unterstützt durch ein 13-köpfiges Symphonie-Orchester entsteht ein vielseitig voluminöses Klangbild. So sofort zu hören im Opener „My Silver Lining“.
Die in freudiger Abwechslung mal ein-, mal zweistimmig intonieren Strophen und Refrains wissen zu verführen. Sie erzählen Geschichten, suchen ehrgeizig ihr Glück in der neu entdeckten Dynamik, deren Trieb wie im Beat von „Master Pretender“ verdammt fruchtbar wirkt. Große Sehnsucht im Titeltrack trifft countryeske Hingabe in „Cedar Lane“ und poppige Töne durch „Shattered & Hollow“. Das ausgeschmückte Erwachsen einer kleinen Knospe bis zum Erblühen, gerade dieses kontinuierliche Aufgehen in dieser erst zu entdeckenden Pracht verzaubert, unter anderem in „The Bell“, „Waitress Song“ und „Fleeting One“.
In der eingängigen Gitarren-Sing-Along Nummer „Heaven Knows“ trifft man alte Bekannte, ehe die sentimentale Ballade „A Long Time Ago“ mit Piano und Streichern ein großartiges Ende des kurzweiligen Albums markiert. In seinen zehn Songs versprüht „Stay Gold“ viel Herz, Melodien und Reife. Mit ihm nehmen First Aid Kit spielend leicht einen weiteren großen Schritt ihres Daseins. Das Duo überzeugt durch die neu gefunden Klangfarben, versteht es, die handwerkliche Facette seines Folks mit viel Feingefühl zwischen weiten, sonnigen Feld-Landschaften und abkühlender Dämmerung anzusiedeln. Der goldene Sommer kann kommen.
First Aid Kit
VÖ: 06.06.2014
Columbia Records (Sony Music)
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