Nörd – Na und? Wir kennen euch doch auch nicht
Nörd, so die Mär, kennen ihr Publikum nicht, und packen diese Feststellung direkt in den Titel ihres Debütalbums „Na und? Wir kennen euch doch auch nicht“. Seit geraumer Zeit tänzeln die Berliner durch das Feuilleton, lieferten den Soundtrack für einen Film mit Uwe Ochsenknecht, begrüßten u.a. Westernhagen und Klaas Heufler-Umlauf als Protagonisten in einem Musikvideo, arbeiteten eng mit Oliver Koletzki zusammen und tourten als Support von Bosse. Für besagten Erstling zähmt man nun das gute alte Pop-(Diana-)Ross von sämtlichen Seiten auf.
Vorstellig wurde das Quartett erstmals 2013 mit „Keine Sterne“ über Koletzkis Label Stil vor Talent. Der hibbelige, elektronisch befeuerte Popsong mit obligatorischem Berlin-Bezug beschließt den Album-Einstand, wirkt wie ein sympathisch tanzbarer Bonus-Track, die gekonnt hymnische Abrundung einer 40minütigen Begrüßungstour. Mindestens ebenso bekannt ist das von einem unschuldigen Chor eingesungene „Drogen“. Zwischen tanzbaren, abermals hektischen Strophen inklusive Sirenengeheul und Gitarrenpop-Chorus findet man in knapp drei Minuten alle Zutaten für einen kleinen Indie-Hit.
Besonders spannend sind Nörd, wenn sie es sich – bei aller kompositorischer Stärke – nicht ganz so einfach machen. Das sich behäbig entladende „Benzin“ mit einem abermals mächtigen, von instrumentalen Kaskaden durchzogenen Hauptteil macht platt. Im Gegenzug kreuzt der Opener „Ich breche zusammen“ den NuRave von Does It Offend You, Yeah? mit dem unverschämt eingängigen Genre-Bending von OK KID. Einige Nummern später bietet „Nah“ herrlich überzuckerte Synthie-Pop-Melancholie mit HipHop-Untertönen.
Von der ersten bis zur letzten Sekunde fließt „Na und? Wir kennen euch doch auch nicht“ wunderbar, gar kunstvoll arrangiert ineinander mit einem Mindestmaß an Leerlauf und einem prächtigen Feuerwerk der Kreativität. Nörd machen ausgelassenen Indie Pop in einem mittlerweile klassischen, beinahe altbacken wirkenden Soundgewand – altbacken genug, um schon wieder kunstvoll, sympathisch retro und irgendwie anders zu klingen. Zwischen obligatorischen Ohrwürmern, schwerfälligen Hymnen und Tanzflächenfüllern macht das Quartett verdammt viel richtig. Mit diesem starken Erstling muss man sie nun aber wirklich kennen.
Na und? Wir kennen euch doch auch nicht
VÖ: 30.01.2015
Bring Me Home (Rough Trade)
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