Everything Everything – Get To Heaven
Everything Everything sind sträflich unterschätzte Pop-Architeckten, die es, wie wenige andere Bands verstehen, einprägsame Songs mit Anspruch zu schreiben, die irgendwie anders sind. Für den Nachfolger zu „Arc“ standen die Briten vor der Aufgabe Jonathan Higgs‘ nachdenkliche, zerstörerische Texte mit eingängigen Refrains zu versehen. „Get To Heaven“ wagt den Spagat und zelebriert eine geschickte Punktlandung.
Für Überraschungen ist das Quartett ebenso zu haben wie für Hits. „Regret“ überrascht mit klassischen Pop-Mustern und Retro-Sounds, lässt sich aber zu einem überdrehten Gitarren-Solo hinreißen. „Distant Past“ hingegen, die andere Auskopplung, wirkt in den Strophen angenehm angriffslustig und bounct in bester Bloc Party-Manier, bevor ein House-Piano den penetrant funkigen Refrain einläutet. Fertig ist der nächste Hit.
Besonders gen Album-Mitte übertreffen sich Everything Everything selbst. „Spring / Sun / Winter / Dread“ lässt Empire Of The Sun auf Radiohead und Math-Pop treffen, spielt mit karibischen Mustern im Refrain und lässt sich binnen kürzester Zeit mitsingen. Selbst für Darude-Klänge ist Platz. „The Wheel (Is Turning Now)“ wirkt proggig und bedeutungsschwanger, wächst konstant und versinkt schließlich im Lärm. Das technoide „Fortune 500“ mit dem wiederholt skandierten „I won, I won“ hingegen wird zur aggressiven Spielweise zwischen EBM, French House und Synthi-Ekstase – schwillt gar martialisch an und macht Laune.
Gegen Ende hin wird „Get To Heaven“ etwas undurchsichtig, wenn sich „Warm Healer“ und „Blast Doors“ musikalisch im Nirgendwo verlieren, doch das sind nur Peanuts angesichts des wahnwitzigen Openers „To The Blade“ mit kaputten Radiohead-Gitarren, angedeutetem Bombast, Techno-Untertönen und breitbeinigen Rock-Momenten. Everything Everything wandeln – und leben – zwischen den Welten, schreiben großartige Songs, lassen sich zu Experimenten hinreißen und liegen nur sehr selten daneben. „Get To Heaven“ setzt die Serie an bärenstarken Pop-Alben fort, die wesentlich mehr sind als bloß das.
Get To Heaven
VÖ: 19.06.2015
RCA Records (Sony Music)
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