AB Syndrom – Hey Herz
Vor drei Jahren, als AB Syndrom mit „Alles deins“ debütierten, versuchte sich das Duo aus Berlin an Sprechgesang mit elektronischem Unterbau. Mittlerweile ist eine komplette Rhythmusabteilung dazugekommen, organische Instrumentierung ersetzt Backing-Tracks. Mit Rap per sé hat das Quartett so und so bestenfalls am Rand zu tun. Stattdessen ließen sie sich unter anderem von James Blakes mutigen Post-Dubstep-Kompositionen inspirieren. „Hey Herz“ ist die logische Konsequenz aus vier Jahren steter Evolution.
Die schiere Masse an gut- bis erstklassigen Songs ist die wahre Stärke dieses Zweitlings. Da wäre beispielsweise, gleich nach einem verschwindend kurzen Intro, „Taumeln taumeln“ mit seinem ebenfalls minimalistischen Refrain, effektbeladenen Wiederholungen, einem Hauch von Pop und Xylophon-artigen Klängen in den Strophen. Nicht zum ersten und nicht zum letzten Mal lassen alt-J grüßen. In ähnlichen Bereichen, vielleicht noch eine Spur sperriger und – im positiven Sinn – seltsam fällt „Lagerfeuer“ aus, getragen von Ninja-Tune-Soundschnipseln, lyrischer Sinnsuche und vom Vocoder entfremdeten Ad-libs.
In schneller Abfolge hagelt es die weiteren Auskopplungen – „Hologramm“, dieser vergleichsweise geradlinige, geerdete Bouncer mit wunderbarem Dubstep-Fundament, und das schroffe, geradezu martialisch wabernde „Jalousien“. Ebenfalls toll und in ähnlichen Gefilden: „Nina nicht“, gar reizvoll eine Spur neben sich, oder das mit unterschwelligen House-Elementen angereicherte „Rosen und Psychosen“, das seinem leicht schizophrenen Titel alle Ehre macht.
Radiohead, OK Kid, Everything Everything, die bereits erwähnten James Blake und alt-J: Der eingängige Alternative-Bausatz AB Syndrom legt seine Einflüsse Schicht für Schicht brach, zeigt das Konzept von „Hey Herz“ in all seiner Pracht und lässt gleichzeitig vermuten, dass dies bestenfalls eine Zwischenstation für die Berliner Klangarchitekten ist. Mit Liebe zum Detail, importierter britischer Kühle und dieser im Weg stehenden Herzenswärme unterhält das zweite AB Syndrom-Album von vorne bis hinten.
Hey Herz
VÖ: 03.07.2015
Herr Direktor (H’ART)
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