alt-J – This Is All Yours

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Das ∆ ist gelandet. Mercury Prize, Ivor Novello Album Award, drei Brits-Nominierungen: alt-J räumten mit ihrem Debütalbum „An Awesome Wave“ so ziemlich alles ab. Als es zurück ins Studio ging, kam den Briten jedoch Bassist Gwil Sainsbury abhanden. Für alt-J sollte das kein Problem sein, man machte kurzerhand zu dritt weiter und erarbeitete sich „This Is All Yours“, eine Platte, die bereits vor Veröffentlichung mit dem Zweitling-Stigma zu kämpfen hat.

Das ∆ hat nicht zu kämpfen, zumindest nicht sonderlich auffällig – das belegten bereits die vorab veröffentlichten Tracks. Ein „Left Hand Free“ ist mit seinem trocken rockigen Understatement, Beatles-Weirdness und den wütenden Drumsalven eine echte Überraschung, ein auf das Wesentliche destillierter Querverweis auf Supergrass und Konsorten. „Every Other Freckle“ ist hingegen die logische Fortsetzung des Debüts, baut auf semi-elektronischen Fundamenten und vertrackten Rhythmen auf, schwillt mit jeder Sekunde weiter an und steuert auf seinem Höhepunkt auf eine obskure, dezent entrückte Pizzicato-Melodie zu. Darüber singt Joe Newman so lässig und entspannt wie immer.

Das ∆ kann aber auch anders. Was man diesen beiden Vorboten kaum anhört: „This Is All Yours“ ist eine weitestgehend ruhige, nachdenkliche Platte mit großzügig ausgelegten Pausen und seltenen Momenten, in denen die Seele zu leuchten beginnt. Eine dieser Episoden ist „The Gospel Of John Hunt“, eine Art Sonnenaufgang, der das vernebelte Land teilt. Überaus präsent, gerade zu Album-Beginn, ist die „Nara“-Serie, eine Ansammlung weitestgehend ätherischer Tracks, intoniert mit Schwermut und Dringlichkeit. Und dann, ja dann muss man über „Hunger Of The Pine“ reden. Es ist tatsächlich Miley Cyrus, die immer wieder „I’m a female rebel“ singt. alt-J-Drummer Thom Green sollte einen Remix für „4×4“ anfertigen, aus dem schnell ein Jam und eben jener, herrlich understatete, kühle Track wurde. Cyrus, erklärter Fan der Briten, segnete das Sample ab, und fertig war ein ganz und gar unübliches Wunderwerk.

Das ∆ hebt bald wieder ab: „This Is All Yours“ braucht Zeit und will wachsen. Nähern kann man sich diesem Konvolut nur über Umwege – und selbst das nur überaus zögerlich. Die Singles führen ebenso wie die ersten Songs dieser Platte auf eine falsche Fährte. alt-J widmen sich auf ihrem zweiten Album weder ätherischer Ruhe noch reinen Remix-Strukturen noch schwerfälligem, gar breitbeinigen Rock; es ist all das und doch so viel mehr. Ob die Briten damit den Klassikerstatus des Debüts erreichen können, ist fraglich. Das Scheinwerferlicht blendet.

alt-J - This Is All Yours

This Is All Yours
VÖ: 19.09.2014
Infectious Music / PIAS Cooperative (Rough Trade)

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