Jeanne Added – Be Sensational

Jeanne Added

Nach knapp 38 Minuten Musik ist von den klassischen Wurzeln der Französin Jeanne Added gar nichts zu hören. Jazz-Untertöne? Vielleicht mit ein wenig Bauchweh, doch tatsächlich regiert auf „Be Sensational“ elektronisch befeuerte Populärmusik mit avantgardistischem Touch. Irgendwo zwischen Portishead und Lykke Li präsentiert sich ein selbstbewusstes Gesamtkunstwerk, das gar nicht erst um den heißen Brei herumtanzt und mit voller Energie in ein wildes Sammelsurium hineinkracht. Wohl bekomm’s.

„A War Is Coming“ – wenn das mal nicht eine Kampfansage ist. Tatsächlich wird der von schroffen, dröhnenden Synthesizer-Klängen und monotonem Beat-Minimalismus zersetzte Opener sogleich zur Nagelprobe. Mit fester, druckvoller Stimme und bizarr-souligen Backings tritt Jeanne Added apokalyptischen Trip-Pop-Collagen entgegen. Gut zweieinhalb Minuten, dann ist plötzlich Schluss, der straighte Beat von „It“ setzt ein. Teils Chicks On Speed, teils Sven Väth der späten 90er, darüber etwas Peaches und die stets präsenten The Dø – kaputter und doch charmanter geht es kaum.

In weiterer Folge gelingt es nur selten, die drastische Energie dieses Eröffnungsdoppels einzufangen, wohl auch weil sich die Französin in weiterer Folge auf mehr Eingängigkeit konzentriert, natürlich mit experimentellen Haken. Der semi-technoide Unterbau von „Miss It All“ trifft beispielsweise auf butterweichen Pop-Charme und herausragende Gesangsperformance – kurios und doch so smart. Selbst das fanfarenartige „Night Shame Pride“ kommt nicht ganz ohne Ablenkungen aus, dieses Mal in Form von immer lauter werdenden Synthi-Kaskaden.

Natürlich steht sich Jeanne Added stellenweise selbst im Weg, vermengt Anti-Club-Banger Marke „Lydia“ mit dem verqueren und doch so süßen „Suddenly“. Roter Faden? Fehlanzeige, und vielleicht liegt gerade hier die Schwäche von „Be Sensational“: Viel zu selten meint man hier ein tatsächliches, in sich geschlossenes Album zu hören. Nebst einigen bestenfalls netten Nummern in der Mitte ist nicht immer klar, was hier der Plan ist. Passt aber alles zusammen, gerade wie in den ersten beiden Songs, zaubert die in Reims geborene Dame regelrecht. Spannende Reise, etwas zu vertrackt und doch höchst attraktiv – was ’ne Ansage.

Jeanne Added - Be Sensational

Be Sensational
VÖ: 19.02.2016
Naive (Indigo)

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