LFNT – Time To Bleed
Als Teil von Asaf Avidan & The Mojos hatte Ran Nir einen tanzbaren, wankelmütigen Welthit. Während Avidan seit dem Split solo weitermacht, kümmert sich Nir um die Belange seiner Band LFNT, bei der er auch den Gesang übernimmt. Ein erstes Album wurde 2012 in der israelischen Heimat veröffentlicht, der Nachfolger entstand rund um den Umzug nach Berlin. „Time To Bleed“ spielt sämtliche Pop/Rock-Stückchen, ist dabei aber eigenständig und anspruchsvoll genug, um sich von der gängigen Radiopampe abzuheben.
Nirs kraftvolle und doch herrlich entspannte Stimme hält die Platte zusammen, schmückt jede musikalische Facette entsprechend aus. Da wäre beispielsweise „Stories“, das zwischen Britpop, einem Hauch von Noise und dezenter Hommage an die Spätphase der Beatles pendelt. Sympathisch gestaltet sich auch das relaxte Understatement von „Runaway Train“. Insgesamt passiert recht wenig, doch das mit großer Leidenschaft und Feinschliff. LFNT stolpern förmlich in den Refrain rein, der noch dazu beinahe bis zur Unkenntlichkeit in die Länge gezogen wurde. Klingt bizarr, macht aber unheimlich Laune, weil das Quintett ein Händchen für gute Melodien hat.
Zu den größten Winnern dieser Platte mutiert der aufwühlende Klavier-Track „What Passes Off For Love“, der auch vor ein paar Jahrzehnten prima funktioniert hätte und gleichzeitig andeutet, was aus Toploader hätte werden können. Eingerahmt wird diese Platte übrigens vom Zweiteiler „Gonna Be Alright“ – als Opener herrlich getrieben, stellenweise sogar leicht psychedelisch, als Rausschmeißer mit viel Feingefühl und leichter Rock-Kante gesegnet. Die Repeat-Taste lässt beide Tracks harmonisch ineinanderfließen.
Simpel aber effektiv: Mit kleinen Gesten, einem stetig anschwellenden Soundwall und dezenter Ohrwurm-Garantie lassen LFNT ihr zweites Album von Minute zu Minute, Durchlauf zu Durchlauf kontinuerlich wachsen. „Time To Bleed“ entpuppt sich als organische Pop-Platte, geschmackvolles Rock-Kunstwerk und handgemachter Schönling mit Kanten. Herrlich für jede Jahreszeit, für Top-100-Radiostation und Alternative-Schuppen – unterhaltsam von der ersten bis zur letzten Note.
Time To Bleed
VÖ: 10.06.2016
Cargo Records
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