Gary Numan – Savage (Songs From A Broken World)

Gary Numan

Wer sich mit den Anfängen der New Wave-Musik der 80er Jahre beschäftigen möchte, kommt an dem Namen Gary Numan kaum vorbei. Kein Wunder, hat der 59-jährige Brite mit „Are Friends Electric“ und „Cars“ doch gleich zwei der ersten großen Hits dieser Szene geschaffen. Schon damals ging Gary Numan einen Sonderweg, denn anders als zeitgenössische Prä-New Wave-Interpreten wie The Stranglers, Public Image Ltd oder Ultravox waren er und seine damalige Band Tubeway Army in keiner Weise vom Punk beeinflusst, sondern in erster Linie von Elektronik-Vorreitern wie Kraftwerk. Und dieser Sonderweg setzt sich auch im Jahr 2017 fort, denn anstatt auf den grassierenden 80er-Revival-Trend aufzuspringen, überrascht er die Hörer mit „Savage (Songs From A Broken World)“, einem ziemlich sperrigen, aber nichtsdestotrotz hochklassigem Elektronik-Album.

Dass Gary Numan die Retrowelle Retrowelle sein lässt, zeigt sich schon beim Konzept des Albums, denn der Blick ist hier nicht in die Vergangenheit, sondern in eine düstere Zukunft gerichtet. In postfaktischen Zeiten, in denen selbst der US-amerikanische Präsident den Klimawandel leugnet, malt sich der Synthie-Pionier aus, wie das menschliche Dasein in einer von Naturkatastrophen, Dürren und dem täglichen Kampf uns Überleben gezeichneten zukünftigen Realität aussehen könnte. Finsteres Szenario, düstere Musik, wie sich schon beim monoton stampfenden, von verzerrten Elektronik-Sounds bestimmten Opener „Ghost Nation“ zeigt. Wenn es in der dargestellten Zukunft überhaupt eine Hoffnung gibt, dann nur die, den nächsten Tag unbeschadet zu überleben.

Etwas weniger düster, stellenweise sogar fast eingängig, aber doch in keiner Weise fröhlich setzt sich das Album mit der Synthesizer-Perle „Bed Of Thorns“ fort, ehe das vorab ausgekoppelte „My Name Is Ruin“ einen guten Mittelweg zwischen Monotonie, Verschrobenheit und Eingängigkeit findet. Das ruhige „The End Of Things“ ginge fast schon als Quotenballade durch, wäre da nicht der Midtempo-Rhythmus im Refrain. Als tatsächliche Ballade entpuppt sich schließlich das traurige „And It All Began With You“, das in Chorus deutlich von Chris Isaaks Hit „Wicked Game“ inspiriert zu sein scheint. Am ehesten an die 80er Jahre erinnert die Synthiepop-Hymne „When The World Comes Apart“, während „Mercy“ mit seinen spacigen Effekten, seiner monotonen Grundstimmung, den verzerrten Gitarren und düsteren Synthie-Melondie als finsterster Song des Albums über die Ziellinie geht.

In ganz ähnlicher Weise setzt sich das Album bis zum finalen, weitgehend instrumentalen „Broken“ fort. Insgesamt erinnert „Savage (Songs For A Broken World)“ deutlich an die letzte, 2013 veröffentlichte Scheibe „Splinter (Songs For A Broken Mind)“, nur dass das neue Werk noch ein klein wenig düsterer ausgefallen ist. Gary Numan ist dabei das Kunststück gelungen, bei aller Monotonie und trotz der überwiegend vorherrschenden Finsternis dennoch kleine Ohrwürmer in den Refrains unterzubringen, die sich nach dem zweiten, spätestens aber nach dem dritten Hören im Gehörgang festklammern. „Savage (Songs For A Broken World)“ ist kein Album zum Nebenbeihören, sondern ein aussagekräftiges, fast schon als politisch zu bezeichnendes Konzeptalbum, das die deutliche Warnung ausspricht, dass die Menschheit keine Zukunft auf dieser Erde haben wird, wenn nicht schleunigst etwas gegen den Klimawandel unternommen wird. Allein dafür gebürt ihm schon Anerkennung, doch da auch die Qualität des Albums hoch im grünen Bereich angesiedelt ist, kann in diesem Fall nur die Höchstnote vergeben werden.

Gary Numan - Savage (Songs From A Broken World)

Savage (Songs From A Broken World)
VÖ: 15.09.2017
BMG Rights Management (Warner Music)

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