Lazy Queen – Get Home Or Die Trying

Lazy Queen
(c) Fabian Framdal Fjeldvik

Die individuellen Kämpfe der Mitglieder von Lazy Queen mit psychischen Problemen und der Stigmatisierung selbiger treibt seit jeher den Sound des norwegischen Quartetts mit New-York-Bezug an. Bislang veröffentlichte man zwei EPs mit krachenden, punkig-rockigen Arschtritten und tourte mit wachsender Begeisterung durch die nordischen Staaten und darüber hinaus. Unterwegs ist aktuell niemand, und diese Zäsur dient als Leitmotiv für die neueste Mini-Scheibe „Get Home Or Die Trying“ mit sechs neuen Songs, teils bereits im vergangenen Jahr unters Volk gebracht.

Los geht es mit beißender Härte, obwohl man davon zunächst herzlich wenig hört „16.08.18 (Us)“ beginnt zart und sensibel mit Indie-Pop- und Post-Rock-Flair. In der zweiten Halbzeit kommt die Explosion mit druckvoller (Post-)Hardcore-Schlagseite und zunehmender Bosheit, die urplötzlich kollabiert. Dahinter lauert das kurze, giftige „Gutted“. Lazy Queen fahren die Punk-Anteile deutlich nach oben, packen dicke Melodien rein und schlagen wild um sich. Das überlange „Self-Care 101“ bewegt sich hingegen eher in Indie- und Alternative-Gefilden, von ominöser Unruhe und sperrigen, zugleich eingängigen Gitarren begleitet. Stets scheint der große Zusammenbruch nahe.

Zwar bleibt dieser aus, dafür wird es plötzlich ruhig, fast schon beschaulich: „Last Call“ ist gewiss der bravste Song dieser EP, daran ändert auch die punkigere Schlussminute nichts. Die Norweger spielen mit der Gefühlswelt und mit bewegender Nachdenklichkeit, auf die nur das ruppige „Bid Geal“ folgen kann. Bedrohliche Finsternis trifft auf erhöhte Schlagzahl und kernige, unbequeme Zäsuren – ein wunderbar boshafter, zugleich eingängiger Exkurs. Und dann folgt zum Schluss noch der große Hit, denn „A Place (To Bury Strangers)“ schreit förmlich nach großem Alternative-Airplay, erinnert an die letzten Alben der viel zu früh verblichenen Disco Ensemble. Und zwar im besten Sinn.

Ein wahres Wechselbad der Gefühle macht die dritte EP von Lazy Queen wohl zur ihrer bislang besten. Natürlich hilft der Hit zum Abschluss mit, doch entpuppt sich letztlich jeder einzelne Song als Volltreffer auf ureigene Weise. Katatonische Wutausbrüche, fragile Schönheit und die stete Präsenz einer nicht näher benannten Bedrohung begleiten das kurzweilige „Get Home Or Die Trying“, weit mehr als nur eine weitere Talentprobe. Lazy Queen sind reif für deutlich größere Bühnen, auf denen sie hoffentlich bald spielen können. Ein Album in entsprechender Qualität wird herbeigesehnt.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 23.04.2021
Erhältlich über: Eget Selskap / Pick & Mix

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