Communions – Pure Fabrication

Communions
(c) Lasse Dearman

Multiple Häutung, das klingt ungesund, fasst jedoch Communions im Jahr 2021 zusammen. Vom Kern-Line-up blieben die Gebrüder Rehof (Sänger und Gitarrist Martin sowie Bassist Mads) über, wobei die mittlerweile ausgeschiedenen Mitglieder auf der neuen Platte zu hören sind. Nebenher entstand eine neue Aufstellung als Quintett. Zudem bewegt man sich auf dem zweiten Studioalbum „Pure Fabrication“ musikalisch und thematisch ebenfalls in eine andere Richtung. Während der zuletzt angerissene Indie-Rock-Sound mehr Tiefgang erhielt, arbeiten sich die Rehofs nun an Kulturkritik, Selbst-Reflektion und einer Art umgekehrten Coming-of-Age-Geschichte ab.

Hinter diesen großen Worten steckt aber keinesfalls eine anspruchsvolle Platte für Kunststudenten, sondern 15 richtig gute Songs in einer knappen Stunde. Und nein, das ist definitiv nicht zu viel. „Bird Of Passage“ eröffnet im Langformat und schreitet knapp fünf Minuten lang erhobenen Hauptes der Hoffnung entgegen. Mads Rehof singt wie ein ruhiger Pat Hynes, bloß tiefer, dazu kommt das sanfte und doch kraftvolle Arrangement zwischen Aufbruchsstimmung und zittriger Sehnsucht. Im folgenden „Humdrum“ schimmern Überreste der Lo-Fi-Punk-Anfänge ebenso durch wie eine Prise Polarkreis 18. Das dürfte eigentlich nicht zusammenpassen, sorgt allerdings für großes Pop-Appeal mit zwingendem Alternative-Drive.

Überhaupt lässt sich jeder einzelne Track aus diesem Dickicht herausziehen und als positives Beispiel für die eindrucksvolle Strahlkraft dieses Zweitlings heranziehen. Die nervöse Energie von „Is This How Love Should Feel?“ dringt immer wieder an die Oberfläche, zittrig und doch überschäumend, während die Dramaturgie von „Here And Now“ nordische Kühle mit Power-Pop und Indie-Attitüde kreuzt. „Cupid“ packt gelegentlich dicke Gitarren und Stimmakrobatik aus, die sich unter dem Himmel verlieren würden. Noch kratziger wird es in „Splendour“, dessen entstellte Saiten an die Anfänge von Gevatter Indie erinnern, nur um wenige Sekunden später eine eingängige Tür zu öffnen. Das furztrockene und zugleich leidenschaftliche „History (The Siren Song)“ macht Harmoniebedürfnis unbequem; was ein Kunststück.

Und so könnte man sich prima Song für Song, Episode für Episode durch diesen Leckerbissen arbeiten, man findet kleine Glanzlichter an jeder Ecke und Ende. „Pure Fabrication“ ist das hitverdächtigste Langformat seit geraumer Zeit, ohne sich auch nur eine Sekunde anzubiedern. Die Eingängigkeit ergibt sich quasi von selbst, egal wie kauzig oder harmonisch die einzelnen Kapitel gerade ausfallen. Mächtige Riffs, brodelnde Stimmungswechsel und ein beneidenswertes Händchen für die richtige Melodie zum richtigen Zeitpunkt erzeugen ein buntes, vielfältiges Album aus einem Guss. Wo auch immer der Weg der Herren Rehof hinführen mag, an diesem kleinen Meisterwerk werden sie sich künftig messen lassen müssen.

Wertung: 4,5/5

Erhältlich ab: 23.04.2021
Erhältlich über: Tambourhinoceros (Rough Trade)

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