Tschaika 21/16 – Prinzessin Teddymett

Tschaika 21/16
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Ihre große Wahnsinnstat hat mittlerweile an die fünf Jahre auf dem Buckel: Mit ihrer Tante erschütterten Tschaika 21/16 zwischen zotigem Humor, krautigem Groove und Art-Wahnsinn. Längst haben sie eine Tür weitergedacht und sich musikalisch abermals geöffnet. Mehr Vocals, mehr Trompeten, mehr Melodie und generell mehr Abwechslung, so lautet die Kampfansage des Trios aus der Hauptstadt. Was sich wie ambitionierter Wahnsinn liest, geht tatsächlich auf: „Prinzessin Teddymett“ schlägt erfolgreich ein neues, durchaus spektakuläres Kapitel auf.

Ihre launigen Eskapaden baut das Trio wie eine Art Hörspiel auf mit mehreren kleinen Episoden und Interludes dazwischen. Einzig zum Schluss setzt es sechseinhalb Minuten Nonsens, als „Making Of“ verpackt. Das funktioniert besser und lässt die Songs an sich deutlich energischer wirken. Bereits der eröffenende Quasi-Titelsong „Teddymett“ räumt mit seinem Biss auf. Tschaika 21/16 klingen eine Spur metallischer, spielen mit Core und Sludge, während noisige Dissonanzen das bedrohliche, zugleich packende Riff zunehmend entfremden. Deutlich mehr stimmlicher Einsatz und die angenehm aufbrausende Trompete verwehren sich jeglicher Kategorisierung. Aber, und das ist viel wichtiger, es unterhält.

Ähnliches gilt für den Rest der Platte. „Prinzessin Ausbau’s argwöhnische Ornithologie“ hat nen beknackten Titel, aber das gehört dazu. Dahinter versteckt sich eine Breitseite mit Jazz, Schweinerock, Djent und Groove, hektisch und doch tiefenentspannt. Entsprechend gestaltet sich auch „Mutti ist vom Klettergerüst gefallen“, das zum Schluss sogar Growl-ähnliche Passagen auspackt und das ohnehin wirre, proggig-psychedelische Arrangement endgültig zerschießt. Die eierlegende Wollmilchsau wirft in „Cafe Flagranti“ mit Dreck um sich, wiewohl die Trompete nach Tanzfläche riechen könnte. Davon sind die Tschaikas allerdings weiter denn je entfernt.

Kann denn Wahnwitz Sünde sein? Keine Ahnung, aber das hier begeistert. Ohne auch nur einen Millimeter von ihrem abgedrehten Absatz abzuweichen, zeigen sich Tschaika 21/16 wie eine neue Band. Das liegt natürlich am vogelwilden Sound, der gefühlt keinerlei Vorgaben folgt, aber eben auch an der zunehmenden Dynamik, an allerlei frischen Einflüssen und Reglern, welche die sprichwörtliche Stufe Elf längst gesprengt haben. „Prinzessin Teddymett“ ist ein Teddybrett von einem Album, deutlich härter und vielschichtiger, zudem mit den Hörspiel-artigen Zwischenspielen konzeptuell eine ganz andere Nummer. Operation gelungen, Patient verwirrter und glücklicher denn je.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 28.05.2021
Erhältlich über: Noisolution (Soulfood Music)

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