Shun – Songs From The Centrifuge

Shun
(c) Adrian Ferdinand

Ein einziges Tape mit gerade einmal vier Songs reichte, um Shun auf Kurs zu bringen. Schnell durfte sich das Quartett aus Münster die Bühne unter anderem mit den legendären The Psychedelic Furs und den belgischen Upstarts Slow Crush teilen. Der erfrischende Shoegaze-Ansatz, der unterem mit Dream-Pop- und Post-Punk-Ideen flirtet, wird nun endlich auf Albumlänge ausgedehnt. Bei This Charming Man Records erscheint „Songs From The Centrifuge“, ein kurzes, aber durchschlagendes Werk zwischen Sorglosigkeit und lässiger Nachdenklichkeit.

„Dreaming In Color“ trägt die verträumten Untiefen sogar im Namen und macht seine Sache sehr gut. Shun suchen gefühlt den Anfang des Songs, werden allerdings nie so richtig fündig. Das passt ins Bild des leicht verpeilt anmutenden Sounds, der dennoch unwahrscheinlich präzise wirkt – aus dem Bauch raus und doch gut durchdacht. Im eröffnenden „Brief Stills“ kommt der Shoegaze-Ansatz deutlicher durch, gelegentlich fuzzy und mit den Alternative-Sounds der 90er flirtend. Immer wieder entlädt sich der Track in kurzen, fast schon heftigen Kaskaden, als hätten sich Spuren von Post Rock eingeschlichen.

Eine gewisse Unberechenbarkeit tut dem Sound des Quartetts gut, wie in „RPM“ prima zu hören. Die 80er-Jahre-Ästhetik drängt etwas New Wave und Post Punk auf, schlägt unter anderem die Brücke zu The Cure, ohne der kompletten Verzweiflung zu verfallen. Das Vocal-Sample zu Beginn von „Over Gold“ scheint daran anzuknüpfen, der Track dahinter wirkt desolat, niedergeschlagen, im permanenten Nirgendwo gefangen. Die Hoffnung auf bessere Tage scheint es nicht zu geben … und dann packt „Centrifuge“ eine bezaubernde Mini-Melodie aus, wirkt für Shun-Verhältnisse fast schon poppig, zugleich höchst erhaben.

Tatsächlich bringen Shun eine wunderbar andere Betrachtungsweise in den gängigen Shoegaze-Mikrokosmos ein. Klar, „Songs From The Centrifuge“ ist verdammt kurz, mäandert in unter einer halben Stunde durch, aber das ist auch schon das einzige Mini-Problem an diesem Album. Das Quartett in Münster tappt eben nicht in die Falle des Abgeschmackten, des Malens nach Zahlen, sondern traut sich etwas. Mal vertrauter, mal düsterer, dann wieder geradezu explosiv – es ist immer wieder eine Freude, die spannenden Facetten dieses exzellenten Debütalbums aufs Neue beleuchten zu dürfen.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 26.11.2021
Erhältlich über: This Charming Man Records (Cargo Records)

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