Slow Crush – Hush

Slow Crush
(c) Kat De Laet

Hektische Zeiten sind offenbar der ideale Nährboden für oberflächlich entspannte Klänge. Tatsächlich brodelt es bei Slow Crush nahezu durchgehend. Von Ende 2018 bis Januar 2020 tourten die Belgier fast durchgehend und schrieben nebenbei neues Material, dann sorgten die unfreiwilligen Absagen tatsächlich für ein wenig Ordnung im Chaos. Das Privatleben war vernachlässigt worden, zwei Bandmitglieder waren von Bord gegangen und die bisherige Plattenfirma löste sich in Rauch auf. Gewissermaßen funktioniert der Zweitling „Hush“ nun wie ein Mini-Neustart und zeigt gewohnte Stärken mit frischen Perspektiven.

Wie diese Stärken konkret aussehen? Das zeigt der Titelsong prima. Das gigantische „Hush“ denkt das Shoegaze-Konzept auf Post Rock um, bemüht gemächliche Aufbauten und wiederholte Mini-Explosionen. Eine konstante Unruhe, ein unaufhörliches Brodeln kollidiert mit beklemmender Schönheit. Im Vergleich dazu wirkt „Blue“ fast schon brav. Donnernde Drums deuten Druckwellen an, dahinter entwickelt sich vertrautes Gefühl mit 90s-Synergien. Tief ins Arrangement eingebettete Vocals und singende Gitarren kreieren eine unwirkliche Atmosphäre; man weiß gar nicht so recht, wie einem geschieht.

In dieser leicht undurchsichtigen Suche nach dem perfekten Moment blühen die Belgier auf. Ihr „Rêve“ sucht über weite Strecken nach dem perfekten Pop-Konzept und spielt erneut mit Post-Ideen. Der Song scheint ohne echten Höhepunkt dahinzuplätschern, doch gehen die dichten Texturen unter die Haut. Hingegen verbreitet das abschließende „Bent And Broken“ Aufbruchsstimmung. Gemeinsam mit „Swoon“ repräsentiert das Finale die ruppige, fast schon punkige Seite des Quartetts, bleibt dabei dennoch formschön. Letzterer Song rattert in zweieinhalb charmanten Minuten durch und bezieht aus immer neuen Drumrolls erstaunliche Kraft.

Die Dreiviertelstunde dieses Zweitlings vergeht wie im Flug, wiewohl das Album bewusste Längen bemüht. Es muss offenkundig manchmal doppelt und dreifach ausladend werden, um den Shoegaze in verschiedenste Spielarten zu entführen. „Hush“ ist gleichzeitig ruppiger und luftiger, bricht mit der Vorhersehbarkeit endgültig. Mehr und mehr Post-Rock-Ideen treffen auf kurze, muskulöse Episoden. Über allem kreist jedoch der 90s-Alternative-Vibe mit Pop-Süße, der bei Slow Crush einfach nicht fehlen darf. Ihr zweites Studioalbum ist ein spannender Trip mit zahlreichen großen Momenten und maximaler Gefühlsdichte.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 22.10.2021
Erhältlich über: Church Road Records

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