Stereophonics – Oochya!

Stereophonics
(c) Scarlett Page

Eigentlich wollten sich die Stereophonics zum 25jährigen selbst beschenken und hatten eine kleine Compilation geplant. Im Zuge dessen entdecken die Waliser einige Songs, die unvollendet geblieben waren. Ehe man sich’s versah, war ein komplettes, brandneues Album geschrieben, teils auf ursprünglich aussortierten Ideen basierend. Nicht nur das, man verbrachte gerade einmal eine Woche zusammen im Studio, spielte fast alles live ein und konzentrierte sich vor allem auf schnelleres Material. Entsprechend klingt das zwölfte Studiowerk „Oochya!“, als wären Kelly Jones und Konsorten in einen Jungbrunnen gefallen.

„Hanging On Your Hinges“ ist einer der direktesten, wuchtigsten Songs seit langem. Ursprünglich für „Kind“ aufgenommen, passte der forsche Dreiminüter mit ZZ Top-Vibe einfach nicht auf den Vorgänger. Dafür stellt sich das Quartett jetzt richtig schön breitbeinig auf und zelebriert eine kurzweilige Rock-Party. Ganz so flott geht es „Running Round My Brain“ zwar nicht an, punktet dafür mit lässigem Classic-Rock-Vibe und durchaus amerikanischem Einschlag. Abermals fällt die lebhafte Gitarrenarbeit mit mehreren kleinen Soli positiv auf. In „Made A Mess Of Me“ nähert man sich sogar zaghaft AOR-Gefilden an, was ebenfalls prima klappt.

Ein Stereophonics-Album ohne gemächliche, gefühlvolle Songs wäre aber undenkbar. Kelly Jones hat gleich mehrere am Start, darunter das monumentale „All I Have Is You“. Wie sich der Track von einer einfachen Klaviermelodie zu einer fast schon spirituellen Hymne mit U2-Einschlag steigert, beeindruckt. Sympathisch ist auch „Right Place Right Time“, ein wunderbarer Track zwischen Coming of Age, Liebe und Familienleben. „You’re My Soul“ drängt das Uptempo-Konzept hingegen ins ausladende Format mit einer weiteren großen Melodie, eine Art große Bruder von „Forever“. Beide Male überrascht ein dezenter Hauch von Feeder.

15 Songs in 64 Minuten – die Stereophonics ließen ihrer kreativen Energie freien Lauf. Tatsächlich klingt vieles an dieser Platte spontan, fast schon ungeschliffen, aber trotzdem richtig schön verspielt und clever. „Oochya!“ ist sicherlich die lauteste und vielschichtigste Platte seit geraumer Zeit, vielleicht mit „Pull The Pin“ aus dem Jahr 2007 vergleichbar. Das walisische Quartett will alles, zeigt alles und unterhält selbst an der Grenze zur konsequenten Überforderung. Dass sich bei diesen Unmengen an neuer Musik so gut wie kein Füllmaterial versteckt, ringt Respekt ab und spricht einmal mehr für die Ausnahmeposition dieser Band.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 04.03.2022
Erhältlich über: Ignition Records (Membran)

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