Wu-Lu – LOGGERHEAD

Wu-Lu
(c) Machine Operated

In seinen jungen Jahren stand Miles Romans-Hopcraft zwischen zwei Welten: Er wollte Grunger und Chili Pepper sein, stand aber auf Grime- und Jungle-Platten. Irgendwann schloss sich der Kreis der Identitätskrise: Romans-Hopcraft wurde zu Wu-Lu (eine Abwandlung des amharischen Wortes für Wasser) und öffnete seinen ureigenen HipHop-Ansatz für allerlei Einflüsse von Post Punk über Industrial bis Screamo. Das klappte vor sieben Jahren auf „Ginga“ bereits prima und erfährt nun weitere Verfeinerung. „LOGGERHEAD“ – die Unechte Karettschildkröte – wurde zum Spirit Animal und zugleich zum Titel der neuen Platte.

Wu-Lu ist Teil einer überaus lebhaften Musikszene, der er als Mitbesitzer von „The Room“ – einem für die Gemeinschaft gedachten Proberaum mit Studio – wichtige Impulse gibt. Daraus entstehen musikalische Freundschaften, unter anderem mit Black Midi-Schlagzeuger Morgan Simpson, der im grandiosen „Times“ hinter der Schießbude Platz nimmt. Hier fällt der angenehm untypische HipHop-Ansatz auf, der eigentlich kein solcher ist: Post-punkige Beiläufigkeit und jazzige Vibes treffen auf schroffen Noise und herrlich verworrene Jangle-Zeilen. In der Endlosigkeit des heftig atmenden Arrangements entsteht ein aufwühlender Sog, der vielleicht beste Track dieser Platte.

An diese Magie kommt Wu-Lu immer wieder heran, auf ganz unterschiedliche Weise. Wie „Calo Paste“ mit Léa Sen zwischen den Dingen schwebt und von beseelter Leichtigkeit bis zu kratzigem Gaze gefühlt alles in einen Topf wirft, fasziniert. Hingegen langt „Night Pill“ mit Asha Lorenz einfach nur kräftig zu und lässt zugleich eine gewisse Müdigkeit entdecken, die Zeilen tropfen beiläufig aus dem Mund. Ein wenig Heavyness zwischen Elektronik und Industrial taucht am Höhepunkt auf. Im Vergleich dazu wirkt „Blame“ hyperaktiv. Entstellte Breakbeats und Zeilen aus dem Megafon kollidieren mit Glitch-Ansätzen – kurios und doch so spannend.

Genau dieser Eindruck erstreckt sich über die gesamten 40 Minuten, deren Ungewöhnlichkeit verzaubert und begeistert. „LOGGERHEAD“ bricht mit Konventionen nicht nur, es setzt sich bewusst über diese hinweg und sucht nach neuen Wegen für vertraute Ideen. Allerlei Indie-, Rock- und Punk-Ausflüge bekommen dem Sound gut und verpassen dem neuen Werk von Wu-Lu ein gewisses Conscious-Crossover-Potenzial. Wie auch immer man diese Klangwelten betiteln will, sie gehen im besten Sinne unter die Haut und reißen Grenzen mit wachsender Begeisterung ein.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 08.07.2022
Erhältlich über: Warp Records (Rough Trade)

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