Berries – How We Function

Berries
(c) Caetano Candal Sato

Nach mehreren Singles und EPs schienen Berries mitten in der Pandemie gestrandet – voller Energie, aber doch eingesperrt. In dieser düstersten Zeit unterschrieben die drei Londonerinnen einen Deal bei Xtra Mile und waren plötzlich wieder voller Elan. Einige weitere Songs später liegt nun das erste Album vor, das den mittlerweile vertrauten Mix aus Garage Rock, Noise, Jangle, Indie und Grunge mit wachsender Begeisterung kultiviert. „How We Function“ ist ein Triumph über die schweren Zeiten im Leben und bemüht Empowerment, während man sich gleichzeitig mit der eigenen psychischen Gesundheit auseinandersetzt.

Zwölf flotte, druckvolle Kapitel lassen keinen Zweifel offen, dass es hier klare Kante setzt. Wie sich der Opener „We Are Machines“ über bratende Heavyness in einen kurzweiligen Song tankt, der den Bogen von dicken Gitarrenwänden zu fast schon poppiger Jangle-Grunge-Leichtigkeit spannt, unterhält. Im Vergleich dazu wirkt „Spiral“ geradlinig, dezent angepunkt und missmutig, aber auch irgendwie in sich ruhend. Das verwaschene „Basic Tables“ rundet das fantastische Opener-Trio mit Gaze-Beiläufigkeit und Indie-Loops ab. Die verspielten Gitarren brechen immer wieder aus dem vorhersehbaren Schema aus.

Überhaupt gleicht hier kein Song dem anderen, die stete Unruhe bemüht Großes. So ist „Strength In Numbers“ eine nervöse Angelegenheit. Das noisige Riff wirkt uneins, es brennt unter den Fingernägeln, die Eskalation ist nahe. Auch das folgende, bereits bestens bekannte „Copy“ strahlt Unruhe über die Saiten aus, bevor dicke Wände durch das Arrangement fahren. Zwischen einer gewissen Zerrissenheit und großen Gesten entsteht die Sinnsuche. Im Vergleich dazu wirkt „Haze“ fast schon geordnet, braust mit seinen Grunge-Vibes minimal auf und wirft nebenher eine kräftige Hook ab.

Und so fließen unebene, zugleich harmonische 40 Minuten durch. Nein, Berries fabrizieren keinesfalls Easy-Listening-Rock, bemühen zuweilen sogar störrische Töne, doch macht gerade das richtig schön Laune. „How We Function“ funktioniert tatsächlich im Spannungsfeld unbequemer, dennoch stets eingängiger Gefilde, die gerne mal etwas zulangen, die Heavyness, aber eben auch ein gewisses Maß an nachdenklicher Fragilität schätzen. Zudem bäumen sich die drei Londonerinnen immer wieder auf und ziehen sich selbst aus dem imaginären Sumpf in Richtung bessere Tage. Das lebensbejahende, unbequeme und wunderbar ruppige Debüt hat hohen Unterhaltungswert.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 08.07.2022
Erhältlich über: Xtra Mile Records (Membran)

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