The Upland Band – Living In Paradise

Das Leben ist Ostwestfalen ist alles, nur nicht langweilig. Zumindest empfindet Michael Beckett (kptmichigan, Super Reverb, ex-Tuesday Weld) das so und verfrachtet den Schauplatz des ersten Albums seines neuesten Projektes dorthin. Mit The Upland Band widmet er sich psychedelischen Pop/Rock-Klängen, eingängig und ausufernd zugleich, und verwendet diese sogleich als Plattform für ein Konzeptwerk. „Living In Paradise“ beruht auf historischen Fakten, Beobachtungen und Klatsch, und beschäftigt sich mit verschiedenen Figuren, die sich in dieser verschlafenen und doch spannenden Gegend tummeln.
„Walk Or Run“ bringt den rustikalen und zugleich butterweichen Charme dieser Platte auf den Punkt. Vergleichsweise schroffe, entstellte Gitarren fahren in das Arrangement, die Vocals schmeicheln, auch die Melodien widmen sich vornehmlich sanften, kuscheligen bis heimeligen Tönen. Diesem Kontrast entspringt einer von mehreren psychedelischen Einschüben, eine Art Klangreise, ein konsequentes Abdriften, das den Song in eine komplett andere Richtung führt. Dass nur zwei Türen weiter das kurze, knackige und eindringliche „The Curly Kale Express“ alles bewusst anders macht, aus Lo-Fi in Richtung Indie und sogar etwas Punk steuert, passt ins Bild.
Den einen typischen Track für dieses Album gibt es letztlich eh nicht, und so passen auch lange, ausdauernde Exkurse Marke „Down And Out (In The 17th Century)“ wunderbar auf diesen Einstand. Ellenlange instrumentale Schleifen, Verzerrung bis zur Unkenntlichkeit, minimalste Variationen und tief ins Arrangement eingebettete Vocals verwirren. Hingegen erhöht „Ohfivetwosixfive“ die Schlagzahl und wirkt dennoch sanft, frühlingshaft – ein flottes wie sympathisches Stück Musik, auf das „Metamphetamine And Clay“ prima aufbaut, noch weicher und verträumter ums Eck kommt. Spätestens jetzt ist Beckett endgültig in seiner eigenen Welt angekommen.
Und diese Welt lädt dazu ein, entdeckt, erkundet und beleuchtet zu werden. Ja, „Living In Paradise“ geht letztlich eine Spur zu schnell vorüber, nimmt keine halbe Stunde in Anspruch, was aber letztlich in Ordnung geht. Beckett sagt alles und lotet zugleich die Möglichkeiten seines Sounds wunderbar aus. The Upland Band mögen es psychedelisch, ganz klar, haben ein Händchen für prima Melodien, lassen sich letztlich aber treiben und von der Musik ans Ziel führen. Ausladende Distortionwände, ruppige Seelensuche, aber auch feinsinnige Texturen und echte Ohrwürmer begleiten diesen kurzweiligen Einstand mit Figuren, über die man mehr erfahren möchte. Möglicherweise im Rahmen einer baldigen Fortsetzung?
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 12.05.2023
Erhältlich über: Kapitän Platte (Cargo Records)
Kapitän Platte @ Home | @ Facebook
„Living In Paradise“ @ Amazon kaufen