Pretenders – Relentless
Vor drei Jahren berappelten sie sich noch mühevoll, nun strahlt der Stern der Pretenders heller denn je. Erstmals seit den späten 90ern sind sie wieder bei Warner unterwegs, zudem arbeitet Chrissie Hynde abermals mit einer neuen, erweiterten Besetzung, die sie als Pretenders-Kollektiv beschreibt. In einem Jahr voller Live-Aktivitäten, das unter anderem Support-Gigs für Guns N‘ Roses sowie zahlreiche (Festival)-Auftritte in ganz Europa und den USA einbrachte, taucht ganz nebenbei noch das bereits 13. Studioalbum der Veteranen auf. Der Name ist hier Programm: „Relentless“.
Unnachgiebig sind Hynde und Mitstreiter allemal, zugleich in starker Form unterwegs. Einer der besten neuen Tracks, „Losing My Sense Of Taste“, eröffnet die Platte. Leicht abgehangener Rock mit Wave-Untertönen, dem Post-Punk-Bounce erstaunlich nah, tankt sich im verwaschenen Midtempo-Bereich durch geschmackvolle Schwerfälligkeit. James Walbournes herausragende Gitarrenarbeit will gesondert hervorgehoben werden. Danach gibt sich „A Love“ eine Spur luftiger und poppiger, bringt selbst in melancholische Gefilde verschmitzten Witz ein.
Am anderen Ende des Albums wartet einer der schönsten gefühlvollen Momente seit langem. Für „I Think About You Daily“ wurde Jonny Greenwood (Radiohead) verpflichtet, der sich um die Streicher kümmerte und die ellenlange, emotional aufgeladene Ballade gekonnt veredelte. Überhaupt gelingen die ruhigen Momente deutlich besser als zuletzt – siehe und höre das anmutige „The Promise Of Love“ sowie das Soundtrack-artige „Your House Is On Fire“. Natürlich rocken die Pretenders rundherum in Bestform. „Vainglorious“ erinnert an die alten Zeiten, furztrocken und beinahe punkig, während „Let The Sun Come In“ mit seinem pulsierenden Basslauf nicht mehr aus dem Kopf geht.
Tatsächlich meldet sich der Frühling zurück, denn einen solchen erlebt Chrissie Hynde aktuell. „Relentless“ ist das stärkste Pretenders-Album seit geraumer Zeit, weil hier die Summe der einzelnen Teile passt. Waren zuletzt gerade die ruhigeren Momente etwas gar kitschig und blutleer, kriegen sie hier locker die Kurve, schaffen sogar emotionale Höhepunkte. Nicht nur das, die alte Magie meldet sich zurück. Reduzierte Rocker, große Wave-Husarenritte und feine Pop-Hooks geben sich die Klinke in die Hand. In dieser Form sind die Pretenders eine Macht, und das hoffentlich noch länger.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 15.09.2023
Erhältlich über: Parlophone Records (Warner Music)
Website: thepretenders.com
Facebook: www.facebook.com/pretenders