Hyperlilly – Realm Of OK

Hyperlilly
(c) Tobias Müller, @geldbier

Ein greifbares Gefühlschaos treibt das musikalische Schaffen von Hyperlilly an. Das Quartett aus Düsseldorf versteht sich auf eine epische wie verwaschene Mischung aus Indie Pop und Shoegaze, angereichert durch Rock, Alternative und etwas Emo. Eingängigkeit, Dynamik und Melancholie schaffen ein nahezu konstantes Wechselbad der Gefühle, das sich rund um Depression und Manie bewegt. Nachdem erste Singles bereits verdientes Airplay und allerlei Playlist-Empfehlungen bei Streaming-Anbietern einheimsen konnten, landet in Form von „Realm Of OK“ nun eine komplette EP.

Wie sich „Gloom“ aus den Boxen schleppt und dabei Berauschendes freisetzt, ringt gleich zu Beginn Respekt ab. Eine nicht von der Hand zu weisende Schwere umweht das Intro, dennoch hat diese etwas Belebendes an sich. Die Vocals stecken hinter einer Nebelwand, betont tief in das Arrangement eingebettet, wie ein zusätzliches Instrument gestaltet. Der Titelsong „Realm Of OK“ holt sie zwar etwas weiter in den Vordergrund und lässt die Gitarre einiges an Distortion einbringen, will sich dennoch zu keiner Zeit vom poppigen Gaze-Teppich entfernen. Was ein Widerspruch in sich sein sollte, geht vollends auf und nistet sich im Herzen ein.

Dort wartet mit „White Noise“ bereits die nächste Perle, wenngleich um Welten zaghafter und fragiler instrumentiert. 80s-Wave-Erinnerungen werden wach, wenn dichte Texturen um Reduktion ringen. „Springs (The Oracle)“ wirkt im Vergleich dazu forsch und radiofreundlich, geht sofort nach vorne und legt freundliche Melodien mit doppeltem Boden frei. Im Hintergrund brodelt es, doch setzen Hyperlilly diese nervöse Energie erst im folgenden „Flay“ wirklich frei. Die Schwere des Seins lastet auf den Schultern der Düsseldorfer, man schleppt sich durch bittere Süße. „Yuma“ macht den Deckel drauf, zögerlich und niedlich, von Melancholie zerfressen.

20 Minuten drücken aufs Gemüt und beleben den Geist. Vermeintliche Gegensätze werden zur Triebfeder für eine hochspannende EP der plüschig-dichten Texturen und stilisierten Emotionen. Was Hyperlilly hier zelebrieren, verlangt einen starken Magen und ein feines Händchen für Melodien. Beides beweist „Realm Of OK“ in mehr als ausreichender Menge und brennt sich direkt im Hinterstübchen ein. Sechs richtig spannende, vielschichtige Songs, denen die Widersprüchlichkeit gekonnt einverleibt wurde, schaffen ein packendes Happening, das die gute Frühform des Quartetts bestätigt. Hier sollte man ganz genau hinhören, es lohnt sich.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 24.11.2023
Erhältlich über: Supervillain

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