In Extremo – Wolkenschieber
Fast 30 Jahre gibt es In Extremo, eine der bekanntesten Mittelalter-Rock-Bands Deutschlands, nun auch schon wieder. Zuletzt war es um die Berliner Truppe ja ziemlich ruhig geworden, nachdem das letzte Album „Kompass zur Sonne“ im Mai 2020 mitten während des ersten Corona-Lockdowns erschien und die Band im Folgejahr zum Sextett schrumpfte – der damals ausgeschiedene Boris Pfeiffer verstarb kurz darauf während einer Querdenker-Demonstration. Doch nun, kurz vor dem anstehenden Jubiläum, machen In Extremo endlich wieder mit neuer Tonkunst von sich reden. Die Veröffentlichung des dreizehnten Albums „Wolkenschieber“, das zuvor mehrfach verschoben werden musste, steht an und musikalisch präsentiert sich die Band abwechslungsreicher als je zuvor.
Mit dem leicht elektronisch angehauchtem Titelsong „Wolkenschieber“ beginnt das Album noch etwas unspektakulär, doch mit „Weckt die Toten“, einem Song, der den Titel eines älteren Band-Albums trägt, folgt schon das erste Highlight. In dem Strophen hart rockend, im Refrain gen Mittelalter schielend und gekrönt mit einem Gastauftritt des Rauhbein-Bandkopfs Henry Rauhbein – In Extremo sind hier ganz klar in Höchstform. „Katzengold“ schielt im Anschluss musikalisch leicht in die NDH-Richtung, während In Extremo hier textlich klar gegen Verschwörungstheoretiker und Rechtsradikale Stellung beziehen. Eine kleine Verschnaufpause gibt es im Anschluss mit dem wunderbar verträumten, folkig-mittelalterlichen „Ólafur“.
Eine Kooperation mit einem Santiano-Mitglied hat bei In Extremo vermutlich auch nicht jeder erwartet, doch „Unser Lied“ mit Björn Both entpuppt sich als weiteres hart rockendes Highlight, ehe es mit der wunderschönen Ballade „Feine Seele“ gleich noch einen weiteren Gastauftritt zu hören gibt. Oliver Satyr von Faun bereichert den Song, der vom Abschied nehmen von den eigenen Eltern handelt, mit seinem Nyckelharpa-Spiel. Mit Joachim Witt beim ruhigen „Des Wahnsinns fette Beute“ und Joey sowie Jimmy Kelly beim wuchtigen „Aus Leben gemacht“ gibt es noch weitere musikalische Fremdunterstützung zu hören – beide Songs sind im Übrigen auch klar als weitere Highlights auszumachen.
Als weitere Glanzlichter entpuppen sich das zwischen elektronischen, rockigen und mittelalterlichen Parts pendelnde „Geschenkt ist geschenkt“ und das sich erneut gegen den schwurbelnden Teil der Bevölkerung gerichtete „Schweine“ – letzteres, genau wie das beschwingte „Das Totenschiff“, leider nur als Bonustrack der Deluxe-Version des Albums. Da sich mit „Komm, lass die Welt sich weiterdrehen“ auch nur ein schwacher Song ausmachen lässt, gehört „Wolkenschieber“ ganz klar zu den Highlights der In Extremo-Diskographie und reiht sich qualitativ nur knapp hinter „Sterneneisen“ und „Mein rasend Herz“ ein. Aufgrund der breiten musikalischen Vielfalt sollten hier nicht nur Altfans, sondern auch Neueinsteiger ganz dringend ein Ohr riskieren, es lohnt sich!
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 13.09.2024
Erhältlich über: Vertigo Berlin (Universal Music)
Website: www.inextremo.de
Facebook: www.facebook.com/officialinextremo