Leprous – Melodies Of Atonement

Leprous
(c) Grzegorz Golebiowski

Immer, wenn ein neues Album der skandinavischen Progressive-Rock- / -Metal-Band Leprous ansteht, reiben sich weltweit Fans und Musikjournalisten aus Vorfreude die Hände. Und werden auch diesmal nicht enttäuscht: „Melodies Of Atonement“ ist ein intensives, neues Werk, das die Band in einem faszinierenden und durchaus etwas neuartigem Licht erstrahlen lässt. Nach dem durchschlagenden Erfolg ihrer vorherigen Platte „Aphelion“ von 2021 und den durchweg positiven Kritiken, die es einheimsen konnte, präsentiert sich die Band auch auf dem neuen Werk mit verspielten Synthesizer-Klängen und einer unbändigen, kreativen Energie, die durch jeden einzelnen Track schimmert. Dennoch schwelt im Hintergrund immer eine Collage aus Schwere und Melancholie, für die man die Jungs über die Jahre lieben gelernt hat.

Überhaupt, die gesamte Sphäre, die „Melodies Of Atonement“ umhüllt, vermittelt ein Gefühl einer künstlich erschaffenen Parallelwelt, die ihre Kraft aus inneren Kämpfen mit sich selbst und damit verbundenen, depressiv angehauchten Gedanken speist. Noch mehr, es zieht einen de facto hinein in einen tiefen Sog, eine durchweg treibende Provokation, sich seinen eigenen Dämonen zu stellen. Lässt man sich voll und ganz darauf ein, findet man in diesen Arrangements dann auch tatsächlich so etwas wie eine klangliche Resonanz zur eigenen Kasteiung. Unaufhörlich, ja fast fieberhaft pulsieren dazu die vielen, grandiosen Synthieflächen und bilden ein aufwühlendes Paradoxon aus Melancholie und Hoffnung.

Schauen wir uns einige Tracks des Albums genauer an. „Like A Sunken Ship“ stellt eine Art emotionalen Fixpunkt des Albums dar und besticht durch seine komplexen Harmonien, denen entgegen ein fast schon lächerlich simpler Beat steht – aber, egal ob man will, dieser Song nistet sich dennoch sofort im Gedächtnis ein. „Limbo“ dagegen kommt wesentlich experimenteller daher, wechselnde Rhythmen, Stakkato-Riffs und eine famose Hookline kreieren einen hypnotischen Sound der Extraklasse. „Silently Walking Alone“ dagegen, wie der Titel es bereits vermuten lässt, fokussiert seinen Blick gänzlich nach innen, leistet sich fast schon autistische Züge und untermalt seine selbstzerstörerische Grübelei durch ein eindringliches, forderndes Klanggerüst. Und dann wäre da noch das herausragende „Atonement“, welches textlich das Streben nach innerem Frieden und Versöhnung thematisiert und auch hier durch sein vertracktes Arrangement mit nervösen Riffs und cineastischen Klangteppichen einen Pflock in die Gehörgänge einschlägt.

Wie eigentlich jedes Album von Leprous begeistert auch das von der Band in Eigenregie produzierte „Melodies Of Atonement“ durch seine absolut wuchtige, kristallklare Produktion. Gepaart mit Einar Solbergs Gesang entsteht das so bandtypische Klangbild, seine Stimme überwältigt einen permanent und bewegt sich in einem beeindruckenden Spektrum – von zarten, balladesken Stimmfarben über eindringliche, tiefe Tönen bis hin zu durchdringend falsettartigem Schreien. Wow!

In der Summe ist „Melodies Of Atonement“ eine anspruchsvolle, musikalische Odyssee, die dem fiebertraumigen Hörer eine Art eine kaleidoskopartigen Sound kredenzt, der anspruchsvolle Arrangement-Ideen in fesselnde, experimentelle Klangwelten zu transportieren vermag. Unbedingt empfehlenswert!

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 30.08.2024
Erhältlich über: Inside Out Music (Sony Music)

Website: leprous.net
Facebook: www.facebook.com/leprousband