Frank Carter & The Rattlesnakes – Modern Ruin

Frank Carter & The Rattlesnakes

Wie wütend ist Frank Carter anno 2017? Oder: Muss er überhaupt noch wütend sein? Sein einstiges Hardcore-Punk-Betätigungsfeld Gallows ließ er ebenso hinter sich wie die melodischeren Pure Love. Mit seiner neuen Band The Rattlesnakes verarbeitete er vor eineinhalb Jahren private Tragödien und Rückschläge, kehrte auf „Blossom“ sogar ein wenig zum wütenden Sound seiner Anfänge zurück. Umso verwunderlicher ist, dass das Songwriting des Nachfolgers „Modern Ruin“ direkt nach dem Release des Rattlesnakes-Debüt begann, denn dieses Mal zeigt sich Carter musikalisch noch reifer und breiter aufgestellt.

Einen für dieses Album archetypischen Song herauszugreifen, ist ob der musikalischen Bandbreite kaum möglich. Vielleicht steht die Video-Auskopplung „Lullaby“ exemplarisch für Carters neues Stil- und Gesangsverständnis. Der getriebene Rocker lässt zwar dezente Punk-Elemente mitschwingen, setzt aber ebenso auf Melodik, dezente Wave-Elemente und bissige, bedrohliche Hooks. Wer sich hingegen die wütenden Tage des einstigen Gallows-Frontmanns zurückwünscht, wird unter anderem im Titelsong „Modern Ruin“ oder, zumindest musikalisch, „God Is My Friend“ fündig.

Frank Carter singt noch mehr und lässt auf diese Weise unter anderem ein „Acid Veins“ förmlich aufblühen. Der understatete Rocker mit dezentem Pop-Appeal marschiert kontinuierlich nach vorne und lässt sogar Platz für vereinzelte frustierte Schreie. Für das große, ausgedehnte Finale „Neon Rust“ wird der Brite zeitweilig sogar zum Crooner, während ihn die Band gen emotionale Hymne trägt. Zwischen dem bissigen Powerhouse „Snake Eyes“ mit überraschendem Wave-Mittelteil und dem vertrackten, eingängigen „Wild Flowers“ setzt es durchaus spektakuläre Momente am laufenden Band.

Auf „Modern Ruin“ umgab sich Carter bewusst mit Musikern, die seinem Empfinden nach deutlich talentierter sind als er selbst, um sich dadurch zu Höchstleistungen anspornen zu lassen. Dieses Vorhaben gelang, denn mit noch mehr musikalischer und stimmlicher Bandbreite sowie brutal ehrlichen, emotional aufwühlenden Texten ausgestattet, entstand ein neues kleines Highlight im reichhaltigen künstlerischen Schaffen des Briten.

Frank Carter & The Rattlesnakes - Modern Ruin

Modern Ruin
VÖ: 20.01.2017
International Death Cult (Rough Trade)

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