Muse – Simulation Theory

Muse

Wie interessant und/oder relevant sind Muse 2018 überhaupt noch? Zumindest vom Rock-Radar scheinen sie mittlerweile komplett verschwunden und in einem Sumpf aus Grandezza und kruden Abhandlungen über Science-Fiction und Verschwörungstheorien untergegangen zu sein. Und dann, siehe da, erscheint die eine oder andere Single mit Unterhaltungswert, wenngleich meilenwert von der kreativen Hochphase der ersten vier Alben entfernt. Reicht das für eine kleine Renaissance? „Simulation Theory“ simuliert den kreativen Ernstfall.

Drei der besten neuen Tracks folgen gleich zu Beginn. „Algorithm“, von einem sehenswerten Clip mit Terry Crews (Nine-Nine!) begleitet, hangelt sich über einen schroffen, stampfenden Beat in die Platte, dann folgen käsige Synthies, Streicher und Piano. Muse haben die 80er Jahre für sich entdeckt und begeben sich – nicht nur am Cover – zurück in die Zukunft. Gitarren bleiben bestenfalls schmuckes Beiwerk und akzentuieren die wilde Grandezza des Aufgalopps. Dann erinnert „The Dark Side“ tatsächlich ein klein wenig an die „Black Holes…“-Phase, wenn auch deutlich elektronischer. Vom Strobo-Sound bis zu Bellamys Gesangsakrobatik stimmt hier tatsächlich alles. „Pressure“ krönt das wirre wie kurzweilige Triumvirat schließlich mit Glam-Rock-Einschüben. Auch das kann man so machen.

Und der Rest vom Schützenfest? Höchst wechselhaft. Die beiden schwächsten Songs, „Dig Down“ und „Something Human“, waren bereits vorab bekannt. Halbseidene, seichte Ideefragmente, zu Songs ausgedehnt, schleppen sich über die Ziellinie. „Propaganda“ überrascht mit seinen schroffen Beats und futuristischen RnB-Einschüben – kein Wunder, schließlich schraubte hier Timbaland mit. Shellbacks Idee zu „Get Up And Fight“ schrammt an der Grenze zur Peinlichkeit geradeso vorbei, hat aber durchaus Qualitäten. Richtig stark zeigt sich hingegen „Break It To Me“ mit seiner zersägten Gitarre und schrillem Remix-Flair sowie Nu-Metal-Scratches, oder das pompös rockende, herrlich überbordernde „Blockades“. Für wenige Momente schimmern die Muse von ‚früher‘ wieder durch.

Klar, „Simulation Theory“ kann den großen ersten Muse-Alben nicht mal annähernd das Wasser reichen, aber damit war auch nicht zu rechnen. Abermals haben sich ein paar Stinker eingeschlichen, das scheint sich nicht vermeiden zu lassen, aber eben auch richtige Überflieger. Zwischen einem Hauch älterer Schule („The Dark Side“, „Blockades“) und schrägen, neuen Ideen („Break It To Me“, „Pressure“) verbirgt sich viel Gutes auf dem achten Studioalbum der Briten. Man muss sich bloß von jeglicher Erwartungshaltung befreien. Immerhin: Das Feuer lodert noch.

Muse - Simulation Theory

Simulation Theory
VÖ: 09.11.2018
Helium-3 (Warner Music)

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