Polar Son – Wax/Wane

Polar Son
(c) Percy Walker-Smith

Bis vor nicht allzu langer Zeit hießen sie noch Porshyne und widmeten sich progressiver Heavyness, die in der englischen Heimat für ordentlich Airplay und prominente Fans sorgte. Mit einer kleinen Verfeinerung im Sound geht ein neuer Name einher: Das Quintett aus Brighton nennt sich inzwischen Polar Son und hat auch gleich ein komplettes Album am Start. Während die Freude an proggigen Klängen gelieben ist, gibt sich das Material auf „Wax/Wane“ deutlich kunstvoller und filigraner – ein konsequenter Versuch, weit über den eigenen Tellerrand hinauszublicken. Exakt das gelingt prima.

„Youth“ täuscht mit seinem quengelnden Auftakt und der orchestralen Schwere ein wenig. Das Intro scheint eine kleine Verbindung zum früheren musikalischen Leben herstellen zu wollen, doch die fragilen Art-Rock-Strophen mit jazzigen Untertönen machen deutlich, welcher Wind nun weht. Polar Son platzieren sich gekonnt zwischen den Stühlen und gehen am Ende steil. Auch „Gangrene“ findet zu einem großen Finale, doch bleibt davor viel mehr Platz, die neuen Feinheiten exakter auszuloten. Gekonntes Spiel mit Laut-Leise-Dynamik, becircende Vocals und ein furioser Schlussakt lassen gerne einmal staunend zurück.

In „Wax“ spart das Quintett ebenso wenig mit Heavyness, bettet diese jedoch in ein elektronisch befeuertes Umfeld ein. Die Art-Rock-Disco macht Laune und erinnert an stärkere Muse, die sich berappeln wollen. „Wane“, der zweite Teil des Titelsongs, bemüht hingegen semi-balladesken Bombast und arbeitet behutsam auf ein dynamisches, erdrückendes Finale zu, wo Radiohead und Tool kollidieren, während die Schwere des Seins schwülstig auftrumpft. Apropos Schwulst: „Supply“ geht in dieser Hinsicht gerne an die Substanz und strengt im besten Sinne an. Übertreibung wird zur Kunstform erhoben, Schmalz tropft von der Decke, und doch macht das Geschehen Laune.

Erfrischender Wahnsinn mutiert zur Hauptzutat einer Platte, die sich – auf gut Deutsch – nichts scheißt. „Wax/Wane“ liebt die Übertreibung und schätzt den Widerspruch, der zwischen Prog, Art und Alternative stärker denn je durchkommt. Polar Son mögen sich von ihrem alten Namen verabschiedet haben, wohl aber nicht komplett von früher Heavyness. Diese kommt auf diesem Nackenschlag wohl dosiert durch und erfährt zugleich bessere Einbettung in den eklektischen, unorthodoxen Sound, der nach ordentlich Eingewöhnung viel Schönes abwirft. Der Neustart gelingt und liefert spannende Impulse für ein alles andere als auserzähltes Genre.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 08.12.2023
Erhältlich über: Eigenvertrieb

Facebook: www.facebook.com/PolarSonOfficial