Tangowerk by NHOAH – Tangowerk
2005 tauchte der deutsche Produzent NHOAH (Bronski Beat, The Pogues, Mia.) tief in die faszinierende argentinische Hauptstadt Buenos Aires ein. Gekommen um sich vor künstlerischer Stagnation zu retten, ließ er sich von der Faszination Tango vollends erfassen und legte die Basis für Tangowerk by NHOAH, eine spektakuläre Mischung aus der Kraft und der Melancholie des Tangos, elektronischer Musik und analogen 20er-Jahre-Einflüssen. Das schlicht „Tangowerk“ betitelte Album klingt wie eine Zeitreise in eine längst vergangene Zukunft, liefert den Soundtrack für ein post-modernes Buenos Aires und thematisiert das Phänomen ‚Weltschmerz‘ auf besonders einzigartige Weise.
Eingespielt mit dem Orquesta Típica Fernández Fierro, befassen sich die 14 Songs mit Tango im weitesten Sinn. Etappenweise nur mehr in Fragmenten erkennbar – so vor allem in der vom australischen Performancekünstler Headvoice eingesungenen Single „Dancing On The Volcano“, die viel mehr wie ein rasantes Electro-Feuerwerk wirkt – ist der argentinische Spirit greifbar. Die Eröffnung kommt ausgerechnet von Crooner Louie Austen, der es auf seinen Soloalben wie kein anderer versteht, Latin-Einflüsse mit elektronischer Musik zu vermischen. Entsprechend wird „One More Kiss“ auch schnell zum Geheimfavoriten des Albums, direkt neben dem ausgefallenen „1-2-3“, eingesungen von Bildhauerin Ina Viola Blasius und etappenweise überraschend rockig ausgefallen. Gerade das Orquesta zeigt sich hier von seiner stärksten Seite, inszeniert diese ellenlangen Songs perfekt.
Gerade wenn der Orquesta-eigene Sänger Walter „Chino“ Laborde in „Tuyo Soy“ und „Tanto“ das Mikrophon ergreift, fühlt man sich Buenos Aires besonders nahe. Auch der argentinische Rapper El Topo (u.a. auf „Amanece En El Oeste“) ist eine echte Entdeckung. Neben Lulu Schmidt oder den Berlin Comedian Harmonists hat auch Mia.-Sängerin Mieze Katz ihren erwarteten Auftritt. „Lost In Weltschmerz“ fast das Konzept von „Tangowerk“ perfekt zusammen – sehr elektronisch und tanzbar, dennoch nicht zu aufdringlich, dazu vom Orquesta mit absolut magischen Tango-Elementen sanft in die richtige Richtung gedrängt. Entsprechend begeistert zeigt sie sich auch im auf der DVD enthaltenen ‚Making of‘, das alleine schon wegen NHOAHs spannenden Einblicken in das Projekt und den faszinierenden Live-Performance-Szenen aus dem Club 69 in Buenos Aires ein absolutes Must-See ist.
Wäre das Album nach zwölf Tracks fertig gewesen, man hätte nichts versäumt. Das instrumentale „The Waltz“ und das unsinnig verstörende „AUA“ zerstören so ein wenig den fantastischen Fluss des Albums, aber die Skip-Taste wurde ja nicht umsonst erfunden. Klammert man diesen kleinen Wehmutstropfen aus, so ist NHOAH mit seinem „Tangowerk“ gar Faszinierendes gelungen. Das Aufeinandertreffen beider musikalischer Welten wurde hervorragend in Szene gesetzt, Abwechslung gibt es genug, dazu demonstrieren vor allem die argentinischen Musiker ein kaum greifbares Gefühl für ihre Musik, leben und atmen sie vollends. Gerade mit den entsprechenden Visuals ist dieses Projekt für Freunde gewogener Tanzmusik mit offenen Ohren ein absolutes Muss.
VÖ: 20.05.2011
R.O.T Records (Universal Music)
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