Julia Effekt – Nachtparkett

Neue Neue Deutsche Welle? Während dieser Sammelbegriff aktuell die Runde macht, wählen Julia Effekt lieber ‚Letzte Deutsche Welle‘. Das Studium brachte das Quintett aus verschiedensten Ecken nach Wien, man fand gemeinsame musikalische Nenner in schwelgender Indie-Melancholie, in Art-Rock-Sensibilitäten und der unterkühlten Eindringlichkeit von Post Punk. Ein erstes Konzert im Sommer 2024 entwickelte sich zum vollen Erfolg, wenige Wochen danach wurde ein komplettes Album aufgenommen. Das liegt nun in Form von „Nachtparkett“ vor und hat das Potenzial zum ganz großen Wurf.
Der ironische bis zynische Abgesang auf die Jugend geschieht beispielsweise im Doppelpack. Erst packt „ALT“ eine Dúné-Gitarre aus, begräbt seine Träume und stürzt sich in wütende, furiose Post-Punk-Atemlosigkeit, die schon mal frühe Idles grüßt. „Verschwende deine Jugend“ sucht im Sturm nach Position und überschlägt sich ebenso furios wie „Allein“ in seiner konstanten Schwere die Welt ringsum finster schillern lässt, während Kesä-Schrammeln den Anker in der Orientierungslosigkeit mimt. Diese Tour de Force spielt tatsächlich mit einem quengeligen wie packenden Gitarrensolo, das auf bizarre Weise perfekt ins Bild passt.
Bei Julia Effekt geht es aber nicht nur um Post und Punk. Wie in „Je te tiens“, das auf Französisch über zwischen zwei Sprachen und Kulturen aufgewachsene Kinder singt und mit semi-balladesken Strukturen ebenso viel Kraft aus der (Quasi-)Ruhe bezieht wie, nun ja, „Ballade“. In der zweiten Hälfte brechen die fast absurd verzerrten Gitarren geradezu aus dem Track heraus. Hingegen hat „Kauf mir Rosen“ etwas von „Paranoid Android“, bleibt jedoch im ruhigen Art-Momentum hängen und fühlt sich dort hörbar wohl, bizarrer wie bekömmlicher Abgang inklusive. Im Titelsong wird es zeitweise fast metallisch, wenn nahezu unüberwindbare Wände alles zu Kleinholz verarbeiten.
Auch das hat Methode, auch das passt wunderbar zu diesem hochgradig unterhaltsamen Album, das Julia Effekt in gerade einmal 40 Minuten zum Next Big Thing macht. Natürlich schwingen hier allerlei prominente Querverweise mit, doch stört das in keinster Weise. Im Gegenteil, die Wiener schnitzen daraus ihren ganz eigenen Sound, der Vertrautes als Impuls verwendet und in ganz eigene, durchaus eigentümliche Sphären drängt. Die stürmischen, drängenden Texte runden ein wechselhaftes, stets spannendes Gesamtpaket ab, wohl eines der besten deutschsprachigen Alben des Jahres. Mit „Nachtparkett“ klopfen Julia Effekt ganz oben an – ein außergewöhnlicher Einstand, die ihr großes Versprechen für die Zukunft bereits heute einlöst.
Wertung: 4,5/5
Erhältlich ab: 17.10.2025
Erhältlich über: Phat Penguin Records
Instagram: www.instagram.com/juliaeffektband
