Boy – Mutual Friends

Boy

Sie haben sie nicht gesucht, glücklicherweise aber nebst Ablegung der musikalischen Selbstverwaltung gefunden: Die Schweizer Sängerin Valeska Steiner und die Hamburger Bassistin Sonja Glass sind als Boy unterwegs, operieren mittlerweile von der Hansestadt aus und durften ihre Vision von modernem Songwriter-Pop auf einer rein akustischen EP präsentieren. Gemeinsam mit dem Multi-Instrumentalisten und Produzenten Philipp Steinke ging es ins Studio, dieses Mal mit Strom und ausgeklügelten, vielschichtigen Arrangements. Herausgekommen ist dabei das Debütalbum „Mutual Friends“, eine kleine Perle zwischen Indie Pop und kleineren Folk-Ausflügen.

Die rein akustischen Anfänge des Duos lassen sich im Opener „This Is The Beginning“ – welch programmatischer Titel – hervorragend nachempfinden. Erst gegen Ende gibt es ein wenig Rhythmus, davor frühlingshaften Schönklang und Steiners wohlig warmen Gesang. Ein wenig nach Oddball klingt sie schon, verschluckt die letzten Silben gerne mal und knödelt ansatzweise auf Alternative Soul. Anders gesagt: macht Laune. Einem Hit wie „Waitress“ tut dies gut, gerade ob seiner entspannten und doch zwingenden Instrumentierung, mit einem Hauch an frankophilem Indie Pop ausgestattet. Beinahe möchte man von einem leichten Phoenix-Vibe sprechen, wozu natürlich passt, dass deren Drummer Thomas Hedlund diesen und drei weitere Songs eingespielt hat.

Als erste Single legt „Little Numbers“ eine heiße Sohle aufs Parkett. Das Klavier erinnert ein wenig an „Monday Morning“, der witzige Überbau passt hingegen eher zu Sara Bareilles. „Boris“ hingegen betont die folkige Seite des Duos, lässt vor allem die Gitarren sprechen und stützt sich auf traditionelle Singer/Songwriter-Klänge. „Drive Darling“ empfiehlt sich als zukünftige Auskopplung – angenehm spärliche Instrumentierung, ein Hauch von Melancholie in Melodie und Vocals (der Song handelt von Steiners Abschied von Familie und Freunden in Zürich), dazu berührt der Refrain mit seiner destillierten Schönheit. „Oh Boy“ hingegen hebt ab mit überraschenden Synthesizer-Klängen und erfrischender Überdrehtheit, die einer Kate Nash verdammt gut stehen würde.

Ihren großen Post-Coldplay-Moment haben sich Boy hingegen für das große Finale aufgespart: „July“ stellt bittersüße, isländische Magie neben Breitwand-Britpop mit spärlichem Rhythmus und einer einsamen, verloren wirkenden Trompete. Entsprechend alleine und doch geborgen fühlt sich der Hörer nach den finalen Noten. „Mutual Friends“ ist ein hitverdächtiges Wechselbad der Gefühle ohne nennenswerte Schwachstelle, das von verspielten Melodien und Valeska Steiners fantastischem Gesang zusammengehalten wird, in euphorischen wie in melancholischen Momenten. Ob man zur Musik von Boy nun die Arme in die Luft werfen oder innehalten will – das Duo debütiert mit zwölf Songperlen, die vor allem eine Frage aufwerfen: Wo waren Steiner und Glass all die Jahre? Eine musikalische Offenbarung für einen sonnigen Frühherbst.

VÖ: 02.09.2011
Grönland Records (GoodToGo / Rough Trade Distribution)

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