Melanie C – The Sea
Während ihrer Spice-Girls-Zeit war sie die Sportliche, bekannt für ihre Flickflacks und sorgte nicht zuletzt mit ihren Outfits für einen recht maskulinen Touch innerhalb der erfolgreichsten Girlband unserer Zeit. Doch kaum einer hätte der toughen Melanie Chisholm trotz ihrer einzigartigen Röhre eine erfolgreiche Solo-Karriere zugetraut. Zehn Jahre und fünf Millionen verkaufte Platten später weiß man es besser: Mit vier Top-20-Alben, drei Top-20- und einem Nr.-1-Hit allein in Deutschland ist sie mit Abstand das fleißigste und ertragreichste Ex-Gewürzmädel. Nach ihrem letzten Album „This Time“ legt sie nun mit „The Sea“ nach und kombiniert sämtliche Stilrichtungen ihrer bisherigen Longplayer zu einer sympathischen Mischung.
Mit viel Gefühl intoniert die 37-Jährige beispielsweise die melodischen Midtempo-Balladen „Burn“ und „Weak“, und unterstreicht einmal mehr ihr eindrucksvolles stimmliches Talent, das sie schon vor eineinhalb Jahrzehnten ausgezeichnet hat. Gitarre, Bass und Drums schmiegen sich dabei wie Samt an ihre weiche Stimme, die hier verletzlich klingt, sich jedoch zu keinem Zeitpunkt anbiedert. Ein weiteres Highlight stellt die englische Version des Rosenstolz-Hits „Liebe ist alles“, „Let There Be Love“ dar, die sie zusammen mit Peter Plate geschrieben und produziert hat. Und entgegen aller Vorurteile gegenüber Coverversionen hat man hier voll ins Schwarze getroffen: Melanie macht den Titel zu ihrem eigenen Song und kann besonders im finalen Chorus emotional voll und ganz überzeugen.
Doch auch abseits der ruhigen Töne kann die Mutter einer zweijährigen Tochter die Erwartungen erfüllen: Sowohl die extrem tanzbare zweite Single „Think About It“ als auch das rockige „Stupid Game“ mit Retro-Schlagseite zeigen Facetten aus ihren vorherigen Alben, wirken jedoch zeitgemäßer und deutlich reifer. Auch mit experimentellen Tracks spart sie nicht: So kommt beispielsweise der Titeltrack „The Sea“ ohne spannungsgeladenen Höhepunkt aus und wirkt auf den ersten Blick monoton, vermittelt jedoch ein beständiges Gefühl von Freiheit und nimmt einen mit auf eine gedankliche Reise übers Meer – im wahrsten Sinne des Wortes. Besonders gelungen ist zudem das operettenhafte „Get Out Of Here“ mit Big-Band-Charakter, das wie der perfekte Soundtrack zu einer bühnenreifen Inszenierung klingt.
Für einen weiteren Paukenschlag sorgt der mitreißende Rausschmeißer „Rock Me“, den seit der Frauen-Fußballweltmeisterschaft jeder im Ohr hat. Krachende Drumbeats, fordernde Lyrics und eingängiger Refrain heißen die Zutaten für einen energiegeladenen Song, der in dieser Form jedoch ein Alleinstellungsmerkmal darstellt. Mit „The Sea“ liefert Melanie C ihr bislang variantenreichstes Album ab. Nach ihrem rocklastigen Longplayer „Beautiful Intentions“ 2005 und den poppigen Sounds aus „Northern Star“ und „Reason“ bietet sie hier einen interessanten wie anspruchsvollen Stil-Mix, der sich nur bedingt an aktuellen Trends orientiert, dafür jedoch mit einem ganz eigenen Charme ausgestattet ist. Melanie C hat sich musikalisch weiterentwickelt und ist doch qualitativ auf hohem Niveau beständig geblieben. Nun ist sie also auf hoher See unterwegs. Und die Reise hat gerade erst begonnen.
VÖ: 02.09.2011
313 Music (Warner Music)
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