Alois – Night Vision

Alois
(c) Paul Märki

Nach einem recht Elektro-lastigen zweiten Album wollten Alois nun wieder näher an ihren Live-Sound rücken. Das Schweizer Quintett mit einem Herz für lange Jams und sonnige Melodien bleibt nach wie vor gerne mal in tanzbaren Gefilden unterwegs, nimmt aber auch einiges an Pop, Psychedelic, Funk und House in den Mix auf. Retro und doch modern gibt sich das dritte Werk: „Night Vision“ tanzt mit offenen Ohren und einem breiten Lächeln durch die Welt, und nähert sich mehr denn je den Balearen sowie diversen französischen Größen an.

Charme gibt es auf dieser Platte in Hülle und Fülle: „Ghost Town“, gekonnt gen Halbzeit platziert, bringt Eingängigkeit und Eigenwilligkeit auf den Punkt. Die anfänglichen Töne docken sogar ein klein wenig an Afrobeat an, nur um später Funk und Strand anzusteuern. Dreieinhalb hibbelige, sonnige und liebevolle Minuten entführen in ungeahnte Welten. Dort wartet bereits „Walkie Talkie“ mit einem wuchtigen Beat und sonnigen Melodien dahinter. Die schroffen ersten Sekunden täuschen geschickt, denn dahinter baut sich ein funkig-housiger Wohlfühlsong mit Pop-Appeal auf, butterweich gesungen und ohne Umwege im Ohr landend. In einer fairen Welt wäre das ein potenzieller Sommerhit 2023.

Doch auch der Rest des Albums hat es in sich und tastet sich durch eine Fülle an Sounds und Einflüssen. Im überlangen „Simmer“ kommen das Psychedelic-Faible durch, ebenfalls mit magischer Leichtigkeit inszeniert. Die Schweizer schweben durch sechs charmante Minuten, lassen die Synthis und Keys neue Höhen erklimmen, während sich alles um das lässige Leitmotiv dreht. Gesang wird überbewertet. In „Checkmate“ braucht es Vocals, um den plüschigen wie verwegenden Sound in geregelte Bahnen zu lenken. Kenneth Bager trifft Daft Punk, und doch serviert dieser Song Alois-Charme in Reinkultur.

Dieser kleine, aber mit Sicherheit feine musikalische Paradigmenwechsel bekommt Alois sehr, sehr gut. Eine gewisse Leichtigkeit begleitet „Night Vision“, von etatmäßiger Dringlichkeit entsprechend intensiviert. Der verstärkte Fokus auf Pop-Appeal macht Laune und harmoniert prima mit verschiedenen elektronischen Ausritten. Psych und Funk als feine Retro-Note runden dieses richtig gute, eingängige Gesamtpaket gekonnt ab. Melodisch, radiofreundlich, aber zugleich in den passenden Momenten etwas störrisch und eigensinnig – das bislang beste Album der Schweizer wird mit Sicherheit auch weit über den Sommer hinaus ein Fixpunkt am Plattenteller sein.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 28.04.2023
Erhältlich über: Red Brick Records (Irascible)

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