Red Hot Chili Peppers – I’m With You
Zeit für einen weiteren Neustart: Nachdem Gitarrist John Frusciante 2009 die Red Hot Chili Peppers verlassen hat, wurde sein Mitstreiter Josh Klinghoffer (Ataxis, verschiedene Frusciante-Soloalben) als Nachfolger verpflichtet, was nicht gerade für große musikalische Veränderungen spricht. Dennoch fällt „I’m With You“, der Nachfolger zum 2006 veröffentlichten Doppel-Album „Stadium Arcadium“ überaus bunt aus. Neben typisch angepoppten Chilischoten-Rockern der letzten Jahre hört man verstärkte klassische Funk-Einschläge heraus und nimmt die stärkere Präsenz der Bassgitarre – Flea hat die Pause für ein Musiktheoriestudium genützt – deutlich wahr.
„Monarchy Of Roses“ sorgt für eine überaus erfrische Eröffnung. Was zunächst nach Chaos und Noise klingt, wird schnell von donnernden Drums und wütenden, heulenden Gitarren überdeckt. Schnell geht es in den treibenden Refrain mit deutlich verstärkter Bass-Präsenz. Wer sich zu diesem eingängigen und stellenweise doch überraschend sperrigen Stück nicht bewegen kann, ist selbst Schuld. „Ethiopia“ klingt da schon typischer nach den Red Hot Chili Peppers, auch wenn die verträumten Gitarren in der Middle-8 starkes 80er-Jahre-Flair aufkommen lassen, dezent belanglose Lautmalerei von Anthony Kiedis inklusive – ein fantastischer Chorus sorgt aber, wie so oft, für die Rettung. Die erste Auskopplung „The Adventures Of Rain Dance Maggie“ fügt sich nahtlos in das Album ein, mittendrin platziert und ein wenig unspektakulär – Understatement scheint die Maxime zu sein, es gibt jedoch wesentlich kraftvollere Single-Kandidaten zu bewundern.
Man muss die Perlen aus der schieren Masse an Musik – 14 Songs mit knapp 60 Minuten Spielzeit – heraussieben, oftmals mehrere Durchläufe zulassen. „Even You Brutus?“ wirkt anfangs unscheinbar mit den fordernden, gerappten Strophen, doch der Refrain ist vielleicht der beste, eingängigste dieser Platte. Gerade Fleas neu erlerntes Pianospiel hilft dieser Halb-Ballade enorm. Dass direkt danach mit „Meet Me At The Corner“ ein zarter, entspannter Song mit einem Hauch von Nichts an Arrangement folgt, passt irgendwie – ein smoother Track für laue Sommerabende. Entfesselt hingegen „Brendan’s Death Song“: Startet zurückhaltend und überaus eingängig, taucht jedoch nach ca. drei Minuten in deutlich härtere Gefilde ab und drückt ordentlich aufs Gaspedal; kathartische Wirkung inklusive. „Did I Let You Know“ hingegen setzt auf afrikanische Klänge, auf Trompeter und Chöre, auf ausgefallene Percussion und einen Hauch von Afrobeat.
Im Prinzip ist „I’m With You“ ein Hitalbum ohne echten Hit. Auch nach mehreren Durchläufen drängt sich kein Track so sehr auf wie einst „By The Way“, „Otherside“ oder gar „Under The Bridge“. Stattdessen gibt es mehr Funk, mehr Musikalität und eine Fülle an eingängigen Refrains, auch inmitten der hibbeligsten Exkurse („Factory Of Faith“). Und Josh Klinghoffer? Der macht seine Sache gut, erinnert – wenig überraschend – stark an seinen Vorgänger, auch wenn seine Riffs, Soli und Vocals ein wenig entspannter, reduzierter wirken – beinahe möchte man ’songdienlicher‘ sagen, auch wenn man John Frusciante damit wohl Unrecht täte; man muss den Kontext sehen. Wenn es sein muss, kann ‚der Neue‘ auch ordentlich zulangen, „Goodbye Hooray“ zu einem aggressiven Rockfest machen, das sogar ganz, ganz zart an die Tore von „One Hot Minute“ anklopft. Starkes Album, überraschend unaufdringlich geschrieben, von Understatement geprägt, auf Langzeitwirkung ausgerichtet – ein Leckerbissen in punkto Musikalität.
VÖ: 26.08.2011
Warner Bros. Records (Warner Music)
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