Blondshell – If You Asked For A Picture

Blondshell
(c) Hannah Bon

Was, wenn ich der Bösewicht bin? Mit dieser möglichen Erkenntnis sah sich Sabrina Teitelbaum bei den Arbeiten an ihrem zweiten Album als Blondshell konfrontiert. Während sich der Einstand vor zwei Jahren einer Schwarz-Weiß-Optik widmete und keine Nuancen wahrnehmen wollte, sieht die US-Amerikanerin die Dinge nun etwas differenzierter. Mit Kritik sparen die zwölf neuen Songs allerdings nicht, ob Selbst- oder anderweitig. Für „If You Asked For A Picture“ entwickelt Blondshell ihre Momentaufnahmen weiter und ließ sich zugleich von recht maskulinen Platten und Bands, wie „Rated R“ von Queens Of The Stone Age und „Californication“ von den Red Hot Chili Peppers, inspirieren, nur um diese in kompromisslose Weiblichkeit umzudenken.

Ein wichtiger Eckpfeiler sind familiäre Beziehungen, die nicht immer einfach sind. Wie in „23’s A Baby“, das von Generation zu Generation ‚weitergereichtes‘ Trauma seziert und in schwelgende, kantige Schwere kleidet. Zurückgelehnt und doch zwingend steuert der Song nach einer Minute auf den Refrain zu und fragt, ob es nicht zu früh für ein Kind ist. Der vorwurfsvolle Unterton ist ebenso omnipräsent wie in „What’s Fair“, das von Dauerkritik geprägte Mutter-Tochter-Beziehungen mit erst vorwitziger Melodik, dann mit mächtigen, verzerrten Gitarren verarbeitet. Was fair ist, bleibt offen, wobei der stilisierte Wutschrei am Ende des Refrains mitten aus dem Leben gegriffen wirkt.

Mitten aus dem Leben ist auch der sanfte Opener „Thumbtack“, der hinterfragt, warum sich die Protagonistin in ungewollten, ungesunden Beziehungen wiederfindet – eine Evolution zum Erstling, der diese zumeist als Status Quo erkannte, aber nicht weiter unter die Lupe nimmt. „He Wants Me“ schmerzt alleine schon musikalisch mit seiner drückenden, schleppenden Heavyness, kämpft sich durch dreieinhalb kraftvolle Minuten und sucht weiterhin nach Antworten. Die hat auch „T&A“ nicht zu bieten, ringt mit einer zufälligen Liebe, vergisst nicht und kleidet poppigen Charme in aufgeraute Ermattung. Ein „Change“ bleibt vorerst aus, wiewohl die einfühlsame, schwelgende Nummer berührt.

Erweiterte Perspektive, erweiterter Sound, erweiterte emotionale Erschöpfung: Mit „If You Asked For A Picture“ gelingt es Blondshell, sich in musikalischer, aber auch in persönlicher Sicht nach und nach weiterzuentwickeln. Diese ‚erwachsene‘ Sichtweise tut den deutlich dreidimensionaleren Songs richtig gut und lässt zugleich Platz für frische Ideen. Mehr Distortion und treibende, zugleich mit Kanten versehene Arrangements symbolisieren omnipräsente Hürden, die es zwar nie einfach machen, die es aber zu überwinden lohnt. Das zweite Blondshell-Album baut auf dem wirklich guten Einstand aus, bewegt sich in die richtige Richtung und lässt das Herz jubilieren.

Wertung: 4/5

Erhältlich ab: 02.05.2025
Erhältlich über: Partisan Records / PIAS (Rough Trade)

Website: www.blondshellmusic.com
Facebook: www.facebook.com/blondshe11