Lilabungalow – Lilabungalow

Lilabungalow

Unglaublich aber wahr: Lilabungalow gibt es seit 2004 als Soloprojekt (vier Jahre später wurde eine dreiköpfige Band mit zusätzlichen Live-Gästen daraus), man war unter anderem mit Herbert Grönemeyer und Northern Lite auf Tour, eine Platte gab es aber bislang nicht. Zumindest prangert man bei analogsoul diesen Missstand an und behebt ihn gleichzeitig. Das nennt man wohl ‚guten Service‘. Die Erfurter um den studierten Musiklehrer Patrick Föllmer verstehen sich auf Popsongs, die mit herkömmlicher Radioware herzlich wenig zu tun haben und eine Vielzahl an Soul-, Electro- und Rock-Einflüssen mitnehmen. Wie das klingt, veranschaulicht das Debütalbum „Lilabungalow“.

Föllmers Gesang ist nicht unbedingt virtuos oder dynamisch, dafür zweckdienlich: Sein lakonischer Vortrag unterstützt den im semi-elektronischen FM4-Feld verhedderten Opener „Homeflow“ bestmöglich und kommt der Soul-Funk-Granate „Fuck You All Re“ entgegen. Die Mischung klingt schräg, die sphärischen Synthis wagen einen heißen Tanz mit der druckvollen Rhythmusabteilung. Lilabungalow begehen den Genre-Spagat mit laufender Begeisterung, erinnern dabei zuweilen an die Sofa Surfers, mögen es allerdings wesentlich euphorischer. Auch wenn „Sharp Guy“, oberflächlich betrachtet, mit einer düsteren Note ausgestattet wurde, ist der Track doch unheimlich smooth, positiv, unter Umständen verquer.

Einfach mögen es die Erfurter nicht, man muss sich erst an die unorthodoxe Klangmischung herantasten und im letzten Drittel des Albums den Finger an der Skip-Taste halten: „Lick My Shoes“ mit seiner wirren, exaltierten Rock-Geste leitet die finale Dürreperiode ein, die einzig „Alli Asses“ kurzzeitig durchbrechen kann. Funkiger Rock trifft hier auf bratende Gitarren, die Muse eindrucksvoll zeigen, wie ihr neues Album hätte klingen können. Die launigen Trompeten zwischendurch zeugen vom typischem (?) Lilabungalow-Charme und stützen ebenso „Slow Mo Tiger“, das irgendwo zwischen Classic Rock und Ilja Richters „Disco“ tänzelt, dazu einen verhinderten Flamengo-Part einpflegt.

Für „Lilabungalow“ braucht es gute Nerven und offene Ohren, das steht außer Frage. Mit typischen Popsongs haben Föllmer und Konsorten nichts am Hut, mit Ohrwürmern im klassischen Sinn ebenso wenig. Ihre Songs entfalten erst nach mehreren Durchläufen ihre Wirkung, auch wenn man nicht immer nachvollziehen kann, wohin die Reise geht. Gerade das schwache Schlussdrittel drückt die Bewertung deutlich, denn eigentlich, so vermutet man, soltte sich in acht Jahren Existenz ausreichend starkes Material ansammeln. Dennoch: eine weitere Runde Lilabungalow soll kein Fehler sein. Unterhaltsam sind die Erfurter allemal, in ihren hitverdächtigen Momenten eine echte Bereicherung für die deutsche Musiklandschaft.

VÖ: 28.09.2012
analogsoul (Broken Silence)

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