Werewolf Etiquette – Werewolf Etiquette

Als sich Mother Tongue nach sechsjähriger Auflösungsphase wieder zurückmeldeten, war Drummer Geoff Haba nicht an Bord. Über Jahre hinweg lud er Bassist und Mitbegründer David „Davo“ Gould zu Coffee & Conversation ein, der zögerte jedoch erst. Irgendwann traf man sich doch, jedoch unter ganz anderen Voraussetzungen: Instrumente einstecken und rocken. Daraus entstand Werewolf Etiquette, ein rhythmisches Duo komplett ohne Gitarren, das Bass und Schlagzeug in den Mittelpunkt rückt und zugleich musikalische Erwartungen ad absurdum führt. Bevor man gemeinsam mit Mother Tongue unter anderem zur Noisolution Party kommt, erscheint eine erste EP mit dem knappen wie einfachen Titel „Werewolf Etiquette“.
Ist „You Better Prey“ als Warnung oder Kampfansage zu verstehen? Gut, gewissermaßen hat dieser Track durchaus etwas von einem spirituellen Erlebnis, wiewohl der Aufgalopp inklusive Keyboard-Einsatz wahrhaft gespenstisch klingt. Danach setzt es jedoch herrlich wuchtige Kost mit Goulds großartigen Vocals, dezenten Desert-Rock-Untertönen und eben jener rhythmischen Übermacht, die dieses Duo so spannend macht – heavy, kantig und doch sympathisch. Davon will „Hurt People“ herzlich wenig wissen und lässt Habas Sticks wirbeln. Polyrhythmische Ansätze und ein Hauch Post-Hardcore kollidieren mit Alternative, Psych und Blues – stellenweise mehr Collage als Song und gerade deswegen so spannend.
Werewolf Etiquette halten jedoch herzlich wenig davon, sich ewig und drei Tage mit gleichförmigen Stimmungsbildern abzugeben und krempeln auf „Dear Me“ wieder alles um. Das klingt wie klassischer Hard Rock mit dominantem Bass, variiert das Tempo stetig, serviert feisten Punk, kaputten Noise Rock und erstaunliche Intimität. In „Blow Out The Candles“ scheint der Tod von oben zu kommen, für einen kurzen Moment. Das Spiel mit Dissonanzen und butterweichen Melodien, nur um im nächsten Moment alles zu zerstören, kann unterhalten. Zum Abschluss gibt sich „Hold On Me“ ominös und unheimlich, geradezu spirituell. Was auch immer da seine Krallen in die beiden Herren versinkt, bis zur chaotischen Katharsis bekommt man es mit der Angst zu tun.
Was hieran sehr spannend ist: Man hört stets richtig gut, wer sich kreativ austobt, und doch nimmt der sprichwörtliche frische Wind das Heft fest in die Hand. Zugegebenermaßen verlangt diese erste EP den einen oder anderen Durchlauf, um richtig zu zünden, weil das schroffe Chaos, der bewusste Flirt mit Grenzen und die Dissonanzen wieder und wieder abwerfen. Natürlich ist das Duo-Konzept nicht neu, ebenso wenig der Verzicht auf Gitarren, doch tun Werewolf Etiquette das auf verdammt packende, einnehmende Weise. Jeder der fünf Tracks ist angenehm anders, abgedreht und doch voller eingängiger Momente, die vollends fesseln. Gould und Haba spielen sich hörbar frei – Fortsetzung dringend erwünscht.
Wertung: 4/5
Erhältlich ab: 07.11.2025
Erhältlich über: Noisolution (Edel)
Instagram: www.instagram.com/werewolf_etiquette_band
