Otis Redding – The King Of Soul
Am 10. Dezember 1967 stürzte eine kleine Beechcraft H18 in den Lake Montona nahe Madison, Wisconsin. Sieben der achten Insassen starben, unter ihnen der 26jährige Otis Redding, einer der einflussreichsten Soul-Sänger und -Songwriter seiner Zeit. Das nach seinem Tod veröffentlichte „(Sittin‘ On) The Dock Of The Bay“ wurde zur ersten posthumen Nummer Eins in den USA, die Faszination des Multitalents aus Georgia ist bis heute ungebrochen. Die besten, wichtigsten Momente aus Reddings kurzer aber eindrucksvoller Karriere kann man nun anhand des mächtigen Boxsets „The King Of Soul“ nacherleben.
92 Tracks auf vier CDs bringen Reddings Schaffen auf den Punkt. Seine ersten Aufnahmen, die Ballade „These Arms Of Mine“ und das lebhafte, mit unterschwelligen Country-Gitarren ausgestattete „Hey Hey Baby“ aus dem Jahr 1962, eröffnen diese Zusammenstellung und bringen den musikalischen Outputs des Königs des Soul auf den Punkt. Redding fühlte sich sowohl in langsam, leicht schmalzigen (und doch stets stilvollen) Balladen als auch in flotteren, bissigeren Nummern wohl. Dennoch waren es zu Beginn seiner Karriere vor allem flottere Cuts, mit denen er von sich reden machte. Dazu zählen „Pain In My Heart“ und das mit unwiderstehlichem Schmelz vorgetragene „I’ve Been Loving You Too Long (To Stop Now)“, mit Platz 21 Reddings größter Charterfolg zu Lebzeiten.
Der Sänger, Songwriter, Produzent und Talent-Scout wurde schnell zum „Catalogue Artist“. Seine Werke verkauften sich langsam über Zeit hinweg, bewiesen dafür langen Atem. Charterfolge gelangen ihm während seiner aktiven Zeit nie, selbst in den Album Top 200 ging es nie höher als in die Top 40 für das Duettalbum mit Carla Thomas. Aus dieser Kollabo-Ära finden sich gleich sechs pumpende Tracks wieder, dazu kommen diverse Live-Performances, deren Lebhaftigkeit Redding nicht umsonst zu einem der sehenswertesten Konzert-Acts seiner Zeit machen. Zahlreiche Cover-Versionen zählten zu seinem Repertoire, darunter „My Girl“ sowie wilde Darbietungen des Rolling Stones-Hits „(I Can’t Get No) Satisfaction“.
Seinen vielleicht bekanntesten Song machte jedoch eine andere zum Hit. „Respect“, in Reddings Version heute wenig bekannt und doch so faszinierend, wurde zum Signature-Song von Aretha Franklin, die mit leicht veränderten Lyrics kurze Zeit später Amerika im Sturm erobern sollte. Zu den weitestgehend unbekannten Schönheiten dieses Boxsets zählt das als B-Seite veröffentlichte „I Can’t Turn You Loose“ – einer jener pumpenden Songs, die vor allem in der noch schnelleren, noch hektischeren Live-Version unheimlich gewinnen sollte. Redding eroberte zu jener Spätphase das „Monterey Pop Festival“, schaffte es mit seiner bläserlastigen „Satisfaction“-Studio-Version in die Single-Charts und nahm seinen eigenen Signature-Song, eine Neuinterpretation von „Try A Little Tenderness“, auf, produziert von Isaac Hayes. Die Vocals wurden später von Jay-Z & Kanye West gesampelt.
Wenige Tage vor seinem Tod begann Otis Redding mit neuen Aufnahmen, für die er sich am Beatles-Album „Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band“ orientierte – gegen den Wunsch seines Labels. Ergebnis dieser Session war unter anderem besagtes „(Sittin‘ On) The Dock Of The Bay“, ausgestattet mit warmen, untypischen Gitarrenklängen und jenem ikonischen, gepfiffenen Ende. Reddings Frau Zelma mochte die Melodie nicht, Bassist Donald Dunn befürchtete, der atypische Track würde den Stax-Ruf beschädigen. Otis selbst sollte Recht behalten, auch wenn er den Erfolg nicht mehr miterleben würde. Es ist der Schlusspunkt einer eindrucksvollen Reise mit einer Fülle an guten Songs; kaum zu glauben, dass Otis Redding so viel Material – so viel starkes Material – in so kurzer Zeit aufgenommen hat. Dem König des Soul wird mit dieser Zusammenstellung ein mehr als würdiges Denkmal gesetzt, gerade rechtzeitig zum „Black History Month“ in den USA, gerade rechtzeitig zum 50jährigen Jubiläum seines Debütalbums „Pain In My Heart“.
The King Of Soul
VÖ: 07.02.2014
Rhino (Warner Music)
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