The Fratellis – Eyes Wide, Tongue Tied

The Fratellis

„Chelsea Dagger“, „Flathead“, „Mistress Mabel“ – der große Durchbruch der Fratellis, deren ersten beiden Alben es in die britischen Top 5 schafften, ist bereits etliche Jahre her. Nach einer kleinen Bandpause fiel das Mini-Comeback mit „We Need Medicine“ vor zwei Jahren eher durchwachsen aus. Und doch lässt sich das schottische Trio von solchen Rückschlägen nicht beeindrucken. Für „Eyes Wide, Tongue Tied“ holte man sich abermals Produzent Tony Hoffer an Bord, der bereits beim Debütalbum „Costello Music“ an den Reglern saß.

Vorneweg: Ein weiterer Überflieger, der sich auch im Stadion mitbrüllen lässt, findet sich auf „Eyes Wide, Tongue Tied“ nicht. Stattdessen setzen The Fratellis auf Abwechslung und Bandbreite, angefangen beim schwülstigen 70s-Blues-Stomper „Me And The Devil“ mit verspieltem Piano und hochtrabendem, beinahe bombastischem Schlussabschnitt. Auch die erste offizielle Single „Baby Don’t You Lie To Me!“ lässt sich wunderbar losgelöst vom Album hören. Vorwitziger Rock’n’Roll mit Retro-Touch trifft auf einen Hauch Soul und hektische Garagen-Rhythmen – keineswegs neu und doch so unterhaltsam.

Mit dem elektronischen „Rosanna“ wagen sich die Schotten weit hinaus aufs offene Indie-Meer und haben alle Hände voll zu tun, nicht an den Kitsch-Klippen zu zerschellen. So angenehm ungewöhnlich diese Idee auch ist, Diabetiker dürften an diesen dreieinhalb Minuten keine Freude haben. Ähnlich schwierig ist im Anschluss die gen Formatradio schielende Ballade „Slow“ mit dezenten Country-Anleihen, die mit ihrem eigenen Schwulst zu kämpfen hat. Wie Country- und Americana-Einflüsse zu funktionieren haben, zeigt das sympathische, sehr amerikanische „Desperate Guy“. Der fiese, bullige Glam-Rocker „Too Much Wine“ nimmt gegen Ende sogar noch ein paar Sweet- und Slade-Fans mit.

Nein, so ganz können The Fratellis abermals nicht an ihre ersten beiden Alben vor der kleinen Pause anknüpfen, aber das macht auch nichts. Schließlich stimmt der Weg, übertrifft „Eyes Wide, Tongue Tied“ seinen Vorgänger locker und liefert gleichzeitig eine gesunde Mischung aus Altbewährten und kleineren Experimenten. Bloß der Hang zu Kitsch und Schwulst nervt nach wie vor, aber da muss man wohl durch. Dennoch, die Richtung stimmt; der mit Soul versetzte Rock’n’Roll will einfach nicht sterben.

The Fratellis - Eyes Wide, Tongue Tied

Eyes Wide, Tongue Tied
VÖ: 21.08.2015
Cooking Vinyl (Indigo)

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