Swain – The Long Dark Blue
Die letzten anderthalb Jahre hatten es in sich für Swain. Bis Ende 2014 hieß das Trio noch This Routine Is Hell, wenige Monate später folgte der Umzug von den Niederlanden nach Berlin. Frontmann Noam Cohen trennte sich von seiner Freundin und surfte von Wohnung zu Wohnung. Verantwortung war in dieser Zeit ein Fremdwort für ihn. Diese ganz besondere Zeit manifestiert sich – musikalisch wie textlich – auch auf dem neuen Album „The Long Dark Blue“, das längst nicht mehr ausschließlich bissig nach vorne geht.
Einen Song wie „Never Clean My Room“, der direkten Bezug auf jene Verantwortungslosigkeit Cohens nimmt, fällt angenehm aus dem Rahmen und demonstriert gleichzeitig das Faible für gefühlvollere Grunge-Vertreter. Diese vier Minuten könnten ein ruhigerer Nirvana-Moment sein oder ein Barlow’scher Beitrag für Dinosaur Jr. Dass es aber auch anders geht, zeigt sich vor allem zu Beginn des Albums. „Half-Awake“ verbindet (Post-)Hardcore-Weisheiten mit unwiderstehlichen Alt.-Rock-Hooks – eingängig und kratzbürstig zu gleichen Teilen.
Zwischen diesen Extremen machen es sich Swain richtig gemütlich, wobei das Zusammentreffen besagter Welten besonders viel Laune macht. „Strange Way Down (The Underwater Song)“ blubbert in Post-Grunge-Gefilden, versucht gelegentlich gen Core-Wutprobe abzuheben und bleibt dennoch stilvoll in sich ruhend. Hingegen spielt „Faze Me“ mit Noise Rock und Dissonanzen, lässt den Punk-Schelm durchscheinen und zerfleischt sich schließlich im hochmelodischen Bereich selbst. Zwischen dem sarkastischen „Punk-Rock Messed You Up, Kid“ und dem emotionalen „Seen A Good Man (In A Bad Mood)“ ist Platz für massig Abwechslung, leider aber auch für so manches Füllmaterial.
Bei allen lobenden Worten kämpfen Swain letztlich mit zwei durchaus gravierenden Problemen. Einerseits kehrt schnell eine gewisse Routine aufgrund diverser musikalischer Wiederholungen ein, andererseits fehlt „The Long Dark Blue“ der eine oder andere echte Hit. Gutklassiges Material mit kleinen Höhepunkten – geschenkt, doch der große Knalleffekt bleibt aus. Schlecht ist diese Platte aber keinesfalls, hört sich bei aller Bissigkeit sehr gut, stellenweise geradezu erfrischend.
The Long Dark Blue
VÖ: 09.09.2016
End Hits Records (Cargo Records)
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