Anti-Flag – American Fall
Nach reihenweise gutklassigen Alben explodierten Anti-Flag vor zweieinhalb Jahren (endlich) wieder und legten mit „American Spring“ mal eben eine der stärksten Platten ihrer Karriere hin. Nicht nur deshalb schauen aktuell besonders viele Punk-Fans auf das große Politbewusstsein der Szene, schließlich erwarten sich viele eine bitterböse Abrechnung mit den ersten Monaten der mehr als streitbaren Trump-Administration und damit verbundenen gesellschaftlichen Unruhen. „American Fall“ ist genau das geworden und zeigt Anti-Flag von ihrer souveränen, musikalisch mutigen Seite.
Der Sound des mittlerweile zehnten Studioalbums der US-Punks stellt einen pointierten Gegenentwurf zur Message dar. „American Attraction“ illustriert das neue Faible für etwas langsamere, kompaktere und doch wuchtige Songs perfekt. Der Opener rollt wie eine musikalische Wand durch die Boxen und speit Feuer. Nach zwei Wiederholungen hat sich der unheimlich dicke, bissige Refrain auch schon eingebrannt. Im bissigen „Digital Blackout“ und dem hymnisch-fatalistischen „Throw It Away“ findet das Powerhouse passende Fortsetzungen.
Es geht natürlich auch weiterhin richtig schön flott und bissig. „Racists“ erinnert ein wenig an die Anfänge Anti-Flags mit Pogo-Druckwellen und herrlichem Mitsing-Refrain. „Trouble Follows Me“ packt Sing-Alongs am laufenden Band aus und „Liar“ überholt sich in seiner rasenden Wut beinahe selbst. Zwischendurch spielen die Punk-Veteranen mit lockerem Ska-Bounce („When The Wall Falls“), dicken Straßen-Riffs („Casualty“) und heftig zuckendem Old-School-Bounce („The Criminals“).
„American Fall“ kommt nicht ganz an seinen überlebensgroßen Vorgänger heran – dafür zieht sich der Mittelteil ein wenig zu sehr mit ein paar etwas zu braven Nettigkeiten -, lässt aber dennoch keine Ermüdungserscheinungen erkennen. In einer kompakten halben Stunde lärmen Anti-Flag mit gewohntem Mix aus Melodik und Biss, nur ausnahmsweise eine Spur langsamer und zugleich druckvoller. „American Attraction“ rechtfertigt für sich bereits den Kauf dieser starken Platte, auch dahinter verbergen sich reihenweise kurzweilige Exkurse durch die lange Band-Geschichte, die sich, wie bei Anti-Flag üblich, am besten samt Lyrics im Booklet verzehren lassen – gewohnt starke, angenehm drastische Kost.
American Fall
VÖ: 03.11.2017
Spinefarm Records / Caroline (Universal Music)
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